1 Einführung

 

Rz. 1

Der nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellende Jahresabschluss eines Kaufmanns[1] hat das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden am Abschlussstichtag darzustellen[2] sowie zum Schluss eines Geschäftsjahrs sämtliche Aufwendungen und Erträge dieses Geschäftsjahrs einander gegenüberzustellen.[3] Eines der wesentlichen Ziele, die der Gesetzgeber mit der Erstellung einer Bilanz sowie einer Gewinn- und Verlustrechnung verfolgt, ist die Ermittlung des Periodenergebnisses, welches aus der unternehmerischen Tätigkeit resultiert.

 

Rz. 2

Die Gesamtheit aller Maßnahmen der Ergebnisermittlung legt den Betrag fest, der im Rahmen der Ergebnisverwendung zur Disposition steht. Es handelt sich hierbei entweder um den Jahresüberschuss oder um den Jahresfehlbetrag.

 

Rz. 3

Zwingende Voraussetzung für die Verwendung des Jahresergebnisses ist bei allen Rechts- und Gesellschaftsformen der jeweils rechtswirksam festgestellte Jahresabschluss. Nachdem durch die Gegenüberstellung sämtlicher Aufwendungen und Erträge eines Geschäftsjahrs das Periodenergebnis ermittelt wurde, dient der festgestellte Jahresabschluss als Grundlage der Ergebnisverwendung.

 

Rz. 4

Bei der Ergebnisverwendung handelt es sich zwar um ein bilanzielles Grundlagengeschäft,[4] allerdings findet sich in den handelsrechtlichen Vorschriften keine Definition des Begriffs der Ergebnisverwendung. Eine exakte begriffliche Bestimmung ist aber erforderlich, weil die Maßnahmen der Ergebnisermittlung trennscharf von den nach den gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vorgaben zu ergreifenden Maßnahmen der Ergebnisverwendung abzugrenzen sind.[5] Grundsätzlich fallen unter den Begriff der Ergebnisverwendung "alle Transaktionen, die finanzielle Vorteile für die Gesellschafter bringen oder die unmittelbar Nutzenvorteile der Gesellschafter bedeuten".[6]

Zu den Ergebnisverwendungsmaßnahmen gehören im Einzelnen:

  • die Ausschüttung (von Teilen) des Jahresergebnisses an die Anteilseigner,
  • die Einstellung (von Teilen) des Jahresergebnisses in die Gewinnrücklagen,
  • die Auflösung (von Teilen) der Gewinnrücklagen (bspw. zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags),
  • die Auflösung (von Teilen) der Kapitalrücklage sowie
  • der Vortrag (von Teilen) des Jahresergebnisses auf das nächste Geschäftsjahr.[7]

Abgeleitet aus der Intention gesetzlicher Vorschriften[8] folgt, dass immer dann eine Ergebnisverwendung vorliegt, wenn Maßnahmen ergriffen werden, die die Fortentwicklung vom Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag zum Bilanzgewinn bzw. Bilanzverlust betreffen.[9]

 

Rz. 5

Die Ergebnisverteilung nach den gesetzlichen Regelungen sieht für alle Gesellschafts- und Rechtsformen ein grundsätzlich 3-stufiges Verfahren vor. Im 1. Schritt wird die Bilanz am Geschäftsjahresende durch die Gesellschafter aufgestellt; aus ihr ergibt sich das Jahresergebnis. Im 2. Schritt erfolgt die Verteilung des in der Bilanz festgestellten Jahresergebnisses auf die Gesellschafter. Im 3. und letzten Schritt ist die Frage zu klären, wie die einzelnen Gesellschafter auf das ihnen jeweils zugewiesene Jahresergebnis durch eine Gewinnauszahlung oder Entnahme zugreifen können.[10]

[4] Vgl. BGH, Urteil v. 10.5.1976, II ZR 180/74, DB 1976 S. 1324; BGH, Urteil v. 29.3.1996, II ZR 263/94, DB 1996 S. 926 und S. 929.
[5] Vgl. hierzu grundlegend BGH, Urteil v. 29.3.1996, II ZR 263/94, DB 1996 S. 926 ff.; Hoch, DStR 1998, S. 134 ff.
[7] Vgl. auch Grottel/Waubke, in Grottel u. a., Beck’scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 268 HGB Rz. 2.
[9] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen – Kommentar zum HGB, AktG, GmbHG, PublG nach den Vorschriften des Bilanzrichtlinien-Gesetzes, Teilband 5, 6. Aufl. 1997, § 268 HGB Rz. 15.
[10] Die Überlegungen dieser Randziffer gelten im übertragenen Sinne auch für das Einzelunternehmen sowie für Gesellschaften mir nur einem Anteilseigner.

2 Ergebnisverwendung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften

2.1 Grundlagen

 

Rz. 6

Die gesetzlichen Vorschriften der Ergebnisverwendung sehen bei Personengesellschaften im Anschluss an die Feststellung des Jahresergebnisses eine Zweiteilung der Ergebnisverwendungsmaßnahmen, nämlich die Gewinn- und Verlustverteilung sowie die Entnahmemöglichkeiten der Gesellschafter, vor. Der BGH zählt jedoch nicht nur die typischen Thesaurierungs- und Ausschüttungsentscheidungen der Gesellschafter zur Ergebnisverwendung, sondern auch all jene Bilanzierungsmaßnahmen, die der Sache nach Ergebnisverwendungen darstellen (bspw. die Bildung notwendiger offener Rücklagen).[1] Es ist zudem zu berücksichtigen, dass die Entscheidung über die Ergebnisverwendung nicht im Belieben eines jeden Gesellschafters steht. Vielmehr gilt es, die Ausschüttungsinteressen der einzelnen Gesellschafter gegenüber den Selbstfinanzierungsbedürfnissen und der Zukunftssicherung der Gesellschaft abzuwägen.[2] Die Interessen der Gesellschaft h...

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