Rz. 73

Über Aufwendungen für die Bestandsveränderungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen hinaus können im Unt auch Aufwendungen für aktivierte Eigenleistungen entstanden sein, die, der Systematik des GKV Rechnung tragend, durch den Ausweis des Postens "andere aktivierte Eigenleistungen" (§ 275 Abs. 2 Nr. 3 HGB) auf der Ertragsseite der GuV ergebnisneutralisierend auszuweisen sind. Hierdurch wird eine periodengerechte Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Gesamtleistung und der für die Erstellung angefallenen und auf die verschiedenen GuV-Posten verteilten Aufwendungen erreicht. Klassische Beispiele für aktivierte Eigenleistungen stellen selbsterstellte Bauten, Anlagen, Maschinen, bilanzierungsfähige selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte oder in Eigenregie durchgeführte aktivierte Großreparaturen dar. Soweit Bestandsveränderungen selbsterstellter RHB nicht – wie nach h. M. erforderlich – unter dem Posten "Bestandsveränderungen unfertiger und fertiger Erzeugnisse" erfasst werden, sind diese ebenfalls als "andere aktivierte Eigenleistungen" auszuweisen.

 

Rz. 74

Sind Aufwendungen früherer Gj im Anschluss an eine steuerliche Betriebsprüfung in der Steuerbilanz zu aktivieren, so ist die entsprechende aufwandswirksame (handelsrechtliche) Buchung aufgrund ihrer Periodenfremdheit unter dem Posten "sonstige betriebliche Erträge" zu erfassen.[1]

 

Rz. 75

Eine nachträgliche Aktivierung von Vorjahresaufwendungen und Erfassung als andere Eigenleistungen ist jedoch dann vertretbar bzw. erforderlich, wenn sich die Erstellung des VG über zwei Jahre hingezogen hat und sich im zweiten Jahr – ohne Mitwirkung der steuerlichen Außenprüfung – die Aktivierungsfähigkeit der Vorjahresaufwendungen herausgestellt hat. Diese Situation liegt bspw. vor, wenn sich im Lauf von periodenübergreifenden Reparaturarbeiten herausstellt, dass diese aufgrund ihres Umfangs zu aktivieren sind.[2]

 

Rz. 76

Fließen in die selbst erstellten VG fremdbezogene Materialien ein, so können diese entweder direkt auf die Aktivkonten gebucht werden, welche die aktivierten Eigenleistungen in der Bilanz ausweisen (Nettomethode), oder sie können als Aufwand unter dem Posten Nr. 5a oder 5b erfasst werden mit späterem Mitausweis als aktivierte Eigenleistungen unter Posten Nr. 3 (Bruttomethode). Da bei der Bruttomethode das Volumen der aktivierten Eigenleistungen – und damit die ausgewiesene Gesamtleistung des Unt – stark erhöht wird, lehnt die h. M. die Bruttomethode ab, es sei denn, die Fremdleistungen haben im Vergleich zur Eigenleistung nur eine untergeordnete Bedeutung.[3]

 

Rz. 77

Der in der GuV unter dem Posten "andere aktivierte Eigenleistungen" auszuweisende Betrag entspricht dem in der Bilanz aktivierten Betrag.[4]

 
Praxis-Beispiel

Andere aktivierte Eigenleistungen

Die Fischgold Wilhelmshaven GmbH benötigt für ihre Fertigungsstraße eine neue Fischfiletiermaschine, die sie aufgrund ihrer besonderen Anforderungen selbst herstellt. Für die Herstellung der Maschine werden Materialien im Wert von 150.000 EUR eingekauft und verbaut. Die Personalkosten für die eigenen Techniker und für andere beteiligte Mitarbeiter betragen 175.000 EUR. Bei der Herstellung der Anlage werden eigene Maschinen eingesetzt. Die anteiligen Abschreibungen belaufen sich auf 10.000 EUR.

Wie der Vergleich beider Erfassungsmethoden zeigt, ist aufgrund des hohen Fremdleistungsanteils der Nettomethode den Vorzug zu geben.

 
GuV (Angaben in TEUR) Nettomethode Bruttomethode
andere aktivierte Eigenleistungen 185 335
Materialaufwand 0 -150
Personalaufwand -175 -175
Abschreibungen -10 -10
Summe 0 0

Buchung Nettomethode

 
Konto Soll Haben
Sachanlagen 150.000  
Verbindlichkeiten/Geldkonto   150.000
Sachanlagen 185.000  
andere aktivierte Eigenleistungen   185.000

Buchung Bruttomethode

 
Konto Soll Haben
Materialaufwand 150.000  
Verbindlichkeiten/Geldkonto   150.000
Sachanlagen 335.000  
andere aktivierte Eigenleistungen   335.000
[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001 § 275 HGB Rz 60; Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 275 HGB Rz 31; IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023 Kap. F Tz 813.
[2] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 275 HGB Rz 60; Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 275 HGB Rz 31.
[3] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 275 HGB Rz 63; Budde, in Küting/Weber, HdR-E, § 275 HGB Rz 36a, Stand: 05/2017; Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 275 HGB Rn 35.
[4] Vgl. Budde, in Küting/Weber, HdR-E, § 275 HGB Rz 35, Stand: 05/2017.

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