Die Nutzungs- oder Duldungsauflage konnte zur Berechnung der schenkungsteuerlichen Bemessungsgrundlage schon bisher abgezogen werden.[1] Daran ändert sich auch nichts durch die neuen Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 und auch nichts durch die geänderte BFH-Rspr. v. 5.7.2018.[2]

 
Hinweis

Auswirkung bei der Grundstücksbewertung

Dies gilt aber nur, soweit § 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG den Abzug nicht ausschließt, weil ein Nutzungsrecht sich bereits als Grundstücksbelastung bei der Ermittlung des gemeinen Werts eines Grundstücks ausgewirkt hat. Diese Regelung gilt aber nur bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020.[3]

Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde § 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG aufgehoben. Dies findet auf Erwerbe Anwendung, für die die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nach dem 28.12.2020 entsteht.[4]

Da § 25 ErbStG (Besteuerung bei Nutzungs- und Rentenlast) ab 2009 aufgehoben wurde, kann der Kapitalwert der Nutzungs- und Duldungsauflage in allen Fällen abgezogen werden.[5]

Die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage bei der Nutzungs- oder Duldungsauflage berechnet sich damit folgendermaßen:

Steuerwert der Leistung vom Schenker

./. Kapitalwert der Nutzungs- und Duldungsauflage

= Bereicherung des Beschenkten bzw. schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage

Zur Berechnung des Kapitalwerts sind zum einen die gleichlautenden Ländererlasse v. 9.8.2022[6] heranzuziehen sowie des Weiteren auch das BMF- Schreiben v. 1.12.2023,[7] in dem die Vervielfältiger bekanntgegeben werden, mit denen der Kapitalwert lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen nach § 14 Abs. BewG für Stichtage ab 1.1.2024 zu berechnen ist.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1

Die Tante T wendet ihrer Nichte N ein nicht zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück (Verkehrswert 740.000 EUR und Steuerwert 680.000 EUR) zu. N hat dafür dem L, der der 60-jährige Lebensgefährte der T ist, ein lebenslanges Nießbrauchsrecht einzuräumen. Der Jahreswert für den Nießbrauch beläuft sich auf 38.000 EUR. Zeitpunkt der Zuwendung ist der 5.1.2024.

Lösung

Gegenüber dem Lebensgefährten L liegt von T ein Zuwendungsnießbrauch vor. Nichte N kann den Kapitalwert des Nießbrauchsrechts als Nutzungsauflage voll abziehen.

Der Kapitalwert des Zuwendungsnießbrauchs an den Lebensgefährten L (bzw. der Nießbrauchsverpflichtung für N) berechnet sich wie folgt:

a) Jahreswert

Es ermittelt sich ein Jahreswert unter Berücksichtigung der Begrenzung nach § 16 BewG i. H. v. 36.560 EUR (680.000 EUR/18,6). Dieser Wert ist niedriger als der tatsächliche Jahreswert i. H. v. 38.000 EUR und wird daher berücksichtigt.

b) Vervielfältiger

Das Alter der nießbrauchsberechtigten Person (Lebensgefährte L) beträgt 60 Jahre. Unter Zugrundelegung dieses Alters ist aus dem BMF-Schreiben v. 1.12.2023[8] gem. § 14 Abs. 1 BewG ein Vervielfältiger (Mann) i. H. v. 12,760 zu entnehmen.

c) Kapitalwert des Nießbrauchsrechts

Aus der Multiplikation des Jahreswerts von 36.560 EUR mit dem Vervielfältiger von 12,760 ergibt sich ein Kapitalwert für das Nießbrauchsrecht bzw. die Nießbrauchsverpflichtung i. H. v. 466.505 EUR.

 
Steuerwert des Grundstücks 680.000 EUR
abzüglich Kapitalwert der Nießbrauchsverpflichtung ./. 466.505 EUR
schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage 213.495 EUR

Als schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage für N ergibt sich damit ein Betrag i. H. v. 213.495 EUR. Dieser ist dann der Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs und der Schenkungsteuer zugrunde zu legen.

 
Steuerliche Bereicherung 213.495 EUR
Abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG) ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung gem. § 10 Abs. 5 Satz 6 ErbStG) 193.400 EUR
Schenkungsteuer (Steuersatz 20 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 38.680 EUR

Es ergibt sich für N somit eine Schenkungsteuer i. H. v. 38.680 EUR.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2

Die 75-jährige Mutter M wendet ihrer Tochter T im Januar 2024 ein nicht zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück (Verkehrswert 2.100.000 EUR und Steuerwert 1.915.000 EUR) zu. T hat der M dafür ein lebenslanges Nießbrauchsrecht einzuräumen. Der Jahreswert für den Nießbrauch beläuft sich auf 120.000 EUR.

Lösung

Die Tochter T kann die Nießbrauchsverpflichtung als Last abziehen, das bisherige Verbot nach § 25 ErbStG a. F. greift nicht mehr.[9] Der Kapitalwert des Nießbrauchsrechts für M ermittelt sich wie folgt:

a) Jahreswert

Es ermittelt sich ein Jahreswert unter Berücksichtigung der Begrenzung nach § 16 BewG i. H. v. 102.9574 EUR (1.915.000 EUR/18,6). Dieser Wert ist niedriger als der tatsächliche Jahreswert i. H. v. 120.000 EUR und findet daher Berücksichtigung.

b) Vervielfältiger

Das Alter der nießbrauchsberechtigten Person (Mutter M) beträgt 75 Jahre. Unter Zugrundelegung dieses Alters ist aus dem BMF-Schreiben v. 1.12.2023[10] gem. § 14 Abs. 1 BewG ein Vervielfältiger (Frau) i. H. v. 9,373 zu entnehmen..

c) Kapitalwert des Nießbrauchsrechts

Aus der Multiplikation des Jahreswerts von 102.957 EUR mit dem Vervielfältiger von 9,373 ergibt sich ein Kapitalwert für das Nießbrauchsrecht bzw. -verpflichtung i. H. v. 965.015 EUR. Die weite...

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