Mikromobilität im Unternehmen, was ist das?

Für viele Unternehmen ist nachhaltiges Handeln heute selbstverständlich, allerdings werden die Möglichkeiten im Bereich Mitarbeitermobilität häufig nicht ausgeschöpft. Warum darin enormes Potenzial für eine bessere ökologische Unternehmensbilanz steckt und welche Rolle dabei die sogenannte Mikromobilität spielt.

Unternehmen können einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrswende leisten, wenn sie nachhaltige Mobilität als Grundprinzip in ihrer Unternehmenskultur verankern. Sämtliche Bereiche und Hierarchieebenen sollten dabei einbezogen werden und das Betriebliche Mobilitätskonzept (BMM) mit der jeweiligen Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens verknüpft sein.

Innerhalb des Betrieblichen Mobilitätskonzepts gibt es unterschiedliche Handlungsfelder: 

  • Motorisierter Individualverkehr (MIV)
  • Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)
  • Fahrradverkehr
  • Dienstreisen und Fuhrpark
  • Arbeits- und Betriebsorganisation
  • Information und Kommunikation.

Beispiele für nachhaltige betriebliche Mobilität

In einem bereits 2016/2017 erarbeiteten Mobilitätskonzept hat METRO jene Aufgabenfelder definiert, „in denen auch die Klimawirkungen und Einflüsse auf unsere Gesellschaft und unser tägliches Leben verbessert, fokussiert und moderiert werden sollen“, sagt Olaf Schulze, Director Energy Management & Real Estate Sustainability bei METRO PROPERTIES und Mobilitätsbeauftragter.

Mobilität ist Teil der Energiestrategie, soweit es um Elektromobilität geht. Daraus entstand ein Round Table, in dem alle wesentlichen unternehmerischen Mobilitätsbetreiber vertreten sind. Ziel ist ein Mobilitätswandel sowie die Initiierung von Best Practices. Als Mobilitätsbeauftragter ist er Koordinator und Mediator: „Mobilität ist nicht nur die Aufgabe des Fuhrparkmanagements oder der Logistik, sondern es werden die Logistik, der Zustell- und Belieferungsservice, das Fuhrparkmanagement, die Personalabteilung, Kommunikation, Politikabteilung, Nachhaltigkeitsmanagement und das Energiemanagement zusammengeführt. Denn am Ende ist Mobilität kein Altruismus, sondern Teil unseres Lebens, unseres Geschäfts. Sie basiert auf straffem Kosten- und vorausschauendem Risikomanagement.“ Als Mobilitätsbeauftragter ist er mit seinem Team auch verantwortlich, die Kennziffern aufzusetzen und zu tracken.

Auch bei SMA Solar Technology wurde vor einigen Jahren vom damaligen Nachhaltigkeitsverantwortlichen Matthias Schäpers (heute Senior Projektleiter Klimapositive Kommunen bei DGNB e.V.) eine Mobilitätsbefragung durchgeführt, die für die Entwicklung der verschiedenen Maßnahmen ausschlaggebend war und dafür gesorgt hat, „dass an den richtigen Stellen angesetzt werden konnte.“ Eine interne Arbeitsgruppe erarbeitete ein Konzept für nachhaltigere Mobilität, zu dem ein ganzheitliches Fahrradkonzept, eine Mitfahrbörse, Jobtickets, der Aufbau von Ladestationen für E-Mobilität und die Nutzung der Unternehmensflotte im Car-Sharing-Modell auch für Mitarbeiter:innen und Anwohner:innen gehören.

Bedeutung der Mikromobilität im Unternehmen

Mikromobilität bezieht sich auf leichte Fahrzeuge, die in der Regel unter 25 km/h betrieben werden. Dazu gehören Fahrräder und Roller, Segways oder Hoverboards sowie Kleinstfahrzeuge mit E-Antrieb wie zum Beispiel E-Fahrräder und Pedelecs, Elektrolastenräder und E-Scooter. Sie bietet flexible Transportalternativen für Kurzstrecken und stellt damit eine potenzielle Lösung für die Probleme der ersten und letzten Meile dar. Allerdings wird sie auf der infrastrukturellen und regulatorischen Ebene noch nicht ausreichend berücksichtigt, denn vielerorts fehlt eine intelligente Ladeinfrastruktur für Elektroleichtfahrzeuge und professionell eingesetzte E-Lastenrad-Flotten, die für viele Unternehmen unverzichtbar sind. Dies kritisiert die Initiative Dialog Mikromobilität, ein Branchenbündnis von Verbänden, Unternehmen und Expert:innen, um der nachhaltigen, multimodalen Mobilität den Stellenwert zu verschaffen, der ihr vor dem Hintergrund von fortschreitendem Klimawandel, der Steigerung von Lebensqualität in den Städten und dem berechtigten Anliegen nach urbaner Flächengerechtigkeit gebührt.

Im Rahmen des BMM ist die Förderung der Fahrradnutzung ein zentraler Ansatz für die Mobilität auf Arbeits- und Dienstwegen. Die Hälfte aller Autofahrten ist kürzer als sechs Kilometer. Hier stellt das Fahrrad eine gute Alternative dar. Für längere Entfernungen und bei schwieriger Topografie bieten sich elektrisch unterstützte Fahrräder (Pedelecs, E-Bikes) als ideale Alternative an. Fahrräder können aber auch dazu dienen, in Kombination mit Bus oder Bahn die erste oder letzte Meile auf dem Weg zum bzw. vom (Bus-)Bahnhof zum Ziel zu überbrücken. 

Anbieter für Dienstfahrräder und Beispiele für Anwendung

Mit dem Gehaltsumwandlungskonzept können Mitarbeitende ihr Fahrrad oder E-Bike über den Arbeitgeber leasen und damit Steuern und CO2 sparen. Der Kaufpreis muss nicht auf einmal bezahlt werden, monatlich wird eine Leasingrate vom Bruttolohn abgezogen (auf den Betrag werden keine Steuern und Sozialabgaben fällig). Versteuert werden muss der nur sogenannte geldwerte Vorteil (seit 2019 nur noch monatlich 0,25 Prozent des Listenpreises) – viele Arbeitgeber übernehmen die Kosten für das Dienstfahrrad aber komplett.

Es gibt inzwischen viele Dienstleister für Dienstfahrräder, die sich als Full-Service-Anbieter verstehen, zum Beispiel Company Bike, Bikeleasing oder JobRad. Das Angebot reicht von der Einführung der Firmenfahrräder bis zur Einrichtung eines individualisierten Online-Portals für die Bestellung der Diensträder, der individuellen Beratung durch geschulte Bike-Berater, einer persönlichen Auslieferung und Übergabe bei den Unternehmen vor Ort und der effizienten Übernahme der Leasingrückläufer.

Seit 2015 können alle VAUDE-Mitarbeitenden JobRad in Anspruch nehmen. Die firmeneigenen E-Bikes sind gratis nutzbar. Private E-Bikes können kostenlos auf dem Gelände geladen werden. Es gibt eine Fahrradgarage, eine Reparaturwerkstatt sowie Kurse zu Fahrtechnik und -reparatur. So setzt der Outdoorausrüster Impulse für Mitarbeitende umweltfreundlich und gesundheitsfördernd zur Arbeit zu kommen – und belohnt das mit dem sogenannten  Mobilitätslotto.

Der Öko-Versand memo AG kooperiert seit 2013 mit JobRad, und setzt auch im Geschäftsalltag auf Mikromobilität: Anstatt konventioneller Zustellfahrzeuge werden Elektro-Lastenräder eingesetzt, die durch 100 Prozent Ökostrom komplett emissionsfrei unterwegs sind.

Auch bei METRO, die mit JobRad kooperiert, gibt es eine eigene Fahrradgarage, seit 2019 ist dort ein Ladeschrank mit neun Ladeplätzen installiert, so dass die Akkus während der Bürozeiten geladen werden können, aber auch gegen Beschädigung gesichert sind. Das Unternehmen ist auch Mobilitätspartner der Stadt Düsseldorf.

Beim Baudienstleister und Projektentwickler Krieger + Schramm gibt es seit 2020 die Möglichkeit, ein Dienstrad zu leasen (Bikeleasing). Das Fahrrad kann sich jeder selbst bei einem Händler seiner Wahl aussuchen. Rad oder E-Bike können gleichermaßen privat und beruflich genutzt werden.

Alle vorgestellten Unternehmen eint, dass die Kooperation mit Leasinganbietern ein Teil ihrer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie ist. Wer ein umfassendes Konzept zur Fahrradförderung entwickeln und umsetzen möchte, kann sich von spezialisierten Beratern unterstützen lassen. Zertifizierungen als fahrradfreundlicher Betrieb, wie sie der ADFC oder B.A.U.M. anbieten, geben Hilfestellung bei der Bewertung von Maßnahmen.

Mittel- bis langfristige Maßnahmen von Unternehmen im Überblick

  • Gezielte und wirksame Anreize für ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten der Beschäftigten sowie Schaffung von Infrastruktur- und Serviceangeboten 
  • Einführung des Bike-Leasing für alle Mitarbeitenden
  • Einbindung externer Partner und Kommunen zur Verbesserung der Erreichbarkeit des Unternehmensstandortes (z. B. Abstimmung mit der regionalen Verkehrs Gesellschaft zu Fahrtzeiten von Bussen des ÖPNV im Einklang mit Schichtzeiten sowie Einrichtung einer direkten Verbindung vom Bahnhof zum Firmenstandort)
  • Ganzheitliches Fahrradkonzept
  • Fahrzeugrichtlinien
  • Jobtickets für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
  • Paket- und weitere Lieferdienste direkt an den Arbeitsplatz
  • sukzessive Umstellung des Fuhrparks auf verbrauchsärmere Fahrzeuge oder Fahrzeuge mit alternativen Antriebssystemen
  • Bündelung des vorhandenen Wissens über moderne Mobilitätsformen und -angebote.

Weitere Informationen finden Sie im Leitfaden zur nachhaltigen Ausgestaltung von Mobilitätsrichtlinien in Unternehmen und im Buch „Zukunft Mikromobilität. Wie wir nachhaltig in die Gänge kommen. Ein Rad-Geber.“ Herausgegeben von Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber im Büchner Verlag.

Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Unternehmen