Zur Kürzung des Gewerbeertrags einer Komplementär-GmbH

Die Beteiligung einer GmbH als Komplementärin an einer grundbesitzverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Kommanditgesellschaft (Zebragesellschaft) ist keine Verwaltung und Nutzung eines nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden eigenen Grundbesitzes und berechtigt nicht zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags, wenn die GmbH am Vermögen der Zebragesellschaft nicht beteiligt ist. Die Komplementär-GmbH nutzt insofern fremden Grundbesitz.

Hintergrund: Komplementär-GmbH einer grundbesitzverwaltenden KG

Zu entscheiden war, ob der X-GmbH die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags zustand, obwohl sie als Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung an einer grundbesitzverwaltenden KG beteiligt war und für die Übernahme der Vollhaftung ein Entgelt erhielt.

Die GmbH errichtete, erwarb, vermietete und verpachtete Liegenschaften. Zudem verwaltete sie in ihrem eigenen Vermögen gehaltene Beteiligungen. Sie war an zwei Vermietungs-GbR beteiligt.

Außerdem war sie Komplementärin ohne Kapitalanteil und Vermögensbeteiligung einer grundbesitzverwaltenden, nicht gewerblich geprägten KG. In 2012 erhielt sie dafür eine "Haftungsvergütung" (5 % ihres Stammkapitals). In 2013 wurde der KG-Vertrag dahin geändert, dass der GmbH zusätzlich eine "Avalgebühr" oder "Vorabvergütung" (1 % des Stammkapitals) zustand.

Die GmbH beantragte für 2012 bis 2015 erfolglos die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Mangels Vermögensbeteiligung handele es sich bei dem Haftungsentgelt nicht um eine anteilsbezogene Zahlung (Gewinnanteil), sondern um einen konkreten Leistungsbezug. Die KG habe damit eine der erweiterten Kürzung entgegenstehende Nebentätigkeit ausgeübt. Diese Leistung sei nicht zwingend notwendiger Teil einer eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung gewesen.

Entscheidung: Keine erweiterte Kürzung der Komplementär-GmbH  

Der BFH wies die Revision der GmbH zurück. Die erweiterte Kürzung steht ihr nicht zu, und zwar unabhängig davon, ob die Übernahme der Vollhaftung gegen Entgelt auf dem Gesellschaftsvertrag oder auf einem gesonderten schuldrechtlichen Vertragsverhältnis beruht.

Verwaltung/Nutzung eigenen Grundbesitzes

Die erweiterte Kürzung kommt u.a. bei Unternehmen in Betracht, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG). Das kann insbesondere bei Gebrauchsüberlassung (Vermietung, Verpachtung) vorliegen. Der Grundbesitz kann aber auch durch die Nutzung des Absicherungspotentials für fremde Schuld (z.B. Belastung eines eigenen Grundstücks mit einer Grundschuld zur Absicherung eines von einem Dritten aufgenommenen Darlehns) gegen Entgelt eingesetzt werden. Das gilt jedenfalls, sofern die Sicherheitengestellung für fremde Schuld die Grenze zur Gewerblichkeit nicht überschreitet (BFH v. 17.1.2006, VIII R 60/02, BStBl II 2006 S. 434).

Nutzung eigenen Grundbesitzes bei einer "Zebragesellschaft"

Die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes kann auch bei einer sog. Zebragesellschaft vorliegen, wenn eine nur wegen ihrer Rechtsform der GewSt unterliegende Gesellschaft sich an einer grundbesitzverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt (BFH, Großer Senat – v. 25.9.2018, GrS 2/16, BStBl II 2019 S. 262; das Urteil v. 19.10.2010, I R 67/09, BStBl II 2011 S. 367, ist insoweit überholt).

Jedoch kein eigener Grundbesitz einer Komplementär-GmbH ohne Vermögensbeteiligung

Ist eine (nur wegen ihrer Rechtsform der GewSt unterliegende) GmbH an einer grundbesitzverwaltenden, nicht gewerblich geprägten KG jedoch (anders als im Fall des Großen Senats in BStBl II 2019 S. 262) ohne Vermögensbeteiligung beteiligt und übernimmt sie als Komplementärin gegen Entgelt die volle Haftung, verwaltet und nutzt sie nicht eigenen Grundbesitz i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Denn wenn einem Gesellschafter (mangels Vermögensbeteiligung) kein Bruchteil des Grundbesitzes der vermögensverwaltenden Personengesellschaft zuzurechnen ist, beteiligt er sich nicht an der Verwaltung eigenen Grundbesitzes, sondern an der Verwaltung des nur den anderen (am Gesellschaftsvermögen beteiligten) Gesellschaftern zuzurechnenden und damit fremden Grundbesitzes (Großer Senat in BStBl II 2019 S. 262). Beruht das Entgelt auf dem Gesellschaftsvertrag, handelt es sich um einen Ertrag aus der Verwaltung und Nutzung fremden Grundbesitzes.

Ebenso bei Entgelt aufgrund schuldrechtlichen Vertrags

Wird das Entgelt aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrags (neben dem Gesellschaftsvertrag) gezahlt und die Haftung für fremde Schuld nicht auf bestimmte Vermögensgegenstände beschränkt (z.B. durch Bestellung einer Sicherungsgrundschuld an einem Grundstück zur Absicherung eines von einem Dritten aufgenommenen Kredits), sondern auf das gesamte Vermögen bezogen, wird das "Haftungsentgelt" bzw. die "Avalgebühr" nur dann durch die Nutzung des Absicherungspotentials des Grundbesitzes erzielt, wenn das Vermögen der GmbH ausschließlich aus Grundbesitz (und daneben Kapitalvermögen) besteht. Ist das nicht der Fall, liegt keine für die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erforderliche ausschließliche Nutzung von Grundbesitz (und gegebenenfalls Kapitalvermögen) vor. Im Streitfall nutzte die GmbH für Haftungszwecke nicht nur ihr Grund- und Kapitalvermögen, sondern (und damit schädlich) ihr gesamtes Vermögen einschließlich ihres Beteiligungsvermögens.

Hinweis: Nutzung des Absicherungspotenzials als schädliche Nebentätigkeit

Die GmbH hatte eingewandt, die Nutzung des Absicherungspotentials von Beteiligungsvermögen für fremde Schuld stelle eine Nutzung des Sicherungspotentials eigenen Grundbesitzes dar, wenn es sich um Beteiligungen an rein grundbesitzverwaltenden Personengesellschaften (hier: die zwei Vermietungs-GbR) handele. Abgesehen davon, dass solche Gesellschaften neben Grundbesitz und Kapitalvermögen auch über mit in die Haftungsmasse fallende andere Vermögensgegenstände (Firmenfahrzeug, Büroausstattung) verfügen, scheidet eine Gleichstellung der Nutzung des Absicherungspotentials von solchem Beteiligungsvermögen mit der Nutzung des Sicherungspotentials des eigenen Grundbesitzes aus. Denn das gesellschaftsrechtlich gebundene Grund- und Kapitalvermögen ist nicht unmittelbar verwertbar. Gläubiger eines Gesellschafters können auf diese anteilig zuzurechnenden Einzelwirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens nicht zugreifen. Eine Nutzung des Absicherungspotentials von "Grundbesitz" liegt somit nicht vor, wenn Beteiligungen als Haftungsmasse zur Verfügung gestellt werden.

Keine Bagatellgrenze

Dass die GmbH für die Haftungsübernahme nur eine vergleichsweise geringe Vergütung erhalten hat, ist unerheblich. Vom Ausschließlichkeitsgebot sind auch in Bagatellfällen keine Ausnahmen geboten (BFH v. 29.6.2022, III R 19/21, BStBl II 2023 S. 84).

BFH, Urteil v. 20.4.2023, III R 53/20, veröffentlicht am 22.6.2023