Verbindliche Auskunft eines unzuständigen Finanzamts

Es stellt sich die Frage, ob eine verbindliche Auskunft eines örtlich unzuständigen Finanzamts Bindungswirkung für andere Finanzämter hat.

Verbindliche Auskunft

Eine verbindliche Auskunft kann vom Finanzamt auf Antrag erteilt werden, wenn der Sachverhalt, der zu beurteilen ist, noch nicht verwirklicht wurde und im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Grundsätzlich ist nur die Finanzbehörde zur Erteilung einer verbindlichen Auskunft befugt, die im Fall der Verwirklichung des fraglichen Sachverhalts örtlich zuständig sein würde (§ 89 Abs. 2 S. 2 AO)

Beispiel: Wohnsitz und Gewerbebetrieb in unterschiedlichen Finanzamtsbezirken

X wohnt in NRW und betreibt in Rheinland-Pfalz ein Sportgeschäft. Für die Einkommensteuererklärung ist ein Finanzamt in NRW und für die gesonderte Feststellung für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ein Finanzamt in Rheinland-Pfalz örtlich zuständig (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AO). X plante sein Sportgeschäft umzubauen. Aufgrund dessen stellte er beim für die Einkommensteuererklärung zuständigen Finanzamt in NRW einen Antrag auf verbindliche Auskunft, welche auch von dort aus erteilt wurde. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb fühlt sich das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt hieran nicht gebunden, weil die verbindliche Auskunft von einem örtlich unzuständigen Finanzamt erlassen wurde.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung keine Bindungswirkung

Nach Auffassung der Finanzverwaltung (AEAO zu § 89 Nr. 3.6.5 Satz 3) entfaltet eine verbindliche Auskunft von Beginn an keine Bindungswirkung für andere Finanzbehörden, wenn sie von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen wurde.

FG widerspricht Verwaltung

Dies sieht das FG Münster anders (Urteil v. 17.6.2019, 4 K 3539/16 F).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei verbindlichen Auskünften um Verwaltungsakte. Aus der Einordnung der verbindlichen Auskunft als Verwaltungsakt folgt, dass eine solche mit ihrer Bekanntgabe wirksam wird und dass eine Rechtswidrigkeit für die Bindungswirkung grundsätzlich ohne Bedeutung bleibt.

Abweichend verhält es sich nur, wenn die Auskunft nichtig wäre. Das wiederum kann nur angenommen werden, wenn der Verwaltungsakt an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Daher kommt das FG zu dem Ergebnis, dass einer Bindungswirkung der Auskunft auch nicht entgegensteht, wenn das Finanzamt für die verbindliche Auskunft örtlich nicht zuständig gewesen ist.

Entsprechendes lasse sich auch aus der Entscheidung des BFH vom 12.8.2015, I R 45/14 entnehmen, nach der eine Auskunft eines vor einem Wohnsitzwechsel zuständigen Finanzamtes dem später zuständigen Finanzamt entgegengehalten werden konnte. Eine verbindliche Auskunft kann insofern nicht anders behandelt werden, als ein Steuerbescheid, der von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde. Auch solche Steuerbescheide entfalten Bindungswirkung, als eine Durchbrechung ihrer Bestandskraft auch durch die zuständige Behörde nur bei Vorliegen einer entsprechenden Rechtsgrundlage erfolgen kann. Ein Steuerbescheid ist bei fehlerhafter örtlichen Zuständigkeit zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig.

Nach alledem entfaltet hier auch die verbindliche Auskunft (vom örtlich unzuständigen Finanzamt) Bindungswirkung.

Praxis-Tipp: Revisionsverfahren anhängig

Gegen die Entscheidung des FG Münster läuft ein Revisionsverfahren vor dem BFH (Az: IV R 23/19), welches es abzuwarten gilt. Vergleichbare Fälle können offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat.

FG Münster, Urteil v. 17.6.2019, 4 K 3539/16 F, veröffentlicht mit dem August-Newsletter des FG Münster

Schlagworte zum Thema:  Verbindliche Auskunft, Rücklage