Politikberater für Gesetzgebung ist kein Freiberufler

Die Informationsbeschaffung rund um die aktuelle Gesetzgebung ist kein schriftstellerischer, wissenschaftlicher oder journalistischer Dienst, sondern eine gewerbliche Tätigkeit.

Hintergrund

Der BFH hatte zu entscheiden, ob Einkünfte aus Beratungsleistungen der Gewerbesteuer unterliegen oder ob freiberufliche Einkünfte vorliegen. 

A machte sich nach dem Studium der Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft und neueren Geschichte und einer Tätigkeit als Redakteur einer Zeitung unter der Bezeichnung "Politikberater für Gesetzgebung" selbständig. Seine Einkünfte lagen in den Streitjahren 1998 bis 2002 zwischen 247.000 DM und (für 2002 umgerechnet in DM) 303.000 DM. A besaß einen Presseausweis, der ihm ermöglichte, wie ein Parlamentsjournalist an den öffentlichen Gremiensitzungen und an Pressekonferenzen teilzunehmen.

Die Tätigkeit des A bestand vor allem darin, seine Auftraggeber über die Hintergründe und den aktuellen Stand laufender Gesetzgebungsverfahren in einem thematisch begrenzten Bereich (u.a. Umweltschutz) zu informieren. Er analysierte Informationen aus dem Gesetzgebungsprozess und arbeitete sie in Vermerken und Artikeln auf. Geschäftspartner waren ein Verband, Wirtschaftsunternehmen und Anwaltskanzleien. A trug vor, die Ausarbeitungen würden von seinen Auftraggebern für deren Tätigkeit verwertet und stellten u.a. die Grundlage für deren Fachveröffentlichungen dar. Sie würden auch den jeweiligen Entscheidungsträgern mitgeteilt und von dort weiterkommuniziert.

Das FA war der Meinung, A sei gewerblich tätig und erließ entsprechende Gewerbesteuermessbescheide. Dem folgte das FG und wies die Klage ab.

Entscheidung

Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören nach § 18 EStG u.a. die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, schriftstellerische und journalistische Tätigkeit sowie die Ausübung ähnlicher Berufe. Der BFH ist mit dem FA und dem FG der Auffassung, dass die Tätigkeit des A unter keine dieser Berufsgruppen fällt. Die Revision wurde daher zurückgewiesen.

  • Eine wissenschaftliche Tätigkeit setzt eine anspruchsvolle, besonders qualifizierte Arbeit, bei der eigene Fragestellungen erforscht oder grundsätzliche Fragen geklärt werden, voraus. Daran fehlt es bei einer eher praxisorientierten Kenntnisvermittlung und Beratung, wie es bei der Informationsbeschaffung und Zusammenfassung bestimmter Vorgänge durch A der Fall war.
  • Schriftstellerisch tätig wird derjenige, der eigene Gedanken mit Mitteln der Sprache schriftlich für die Öffentlichkeit niederlegt. Auch diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben, da A sich mit seinen Ausarbeitungen an bestimmte Auftraggeber und nicht an die Öffentlichkeit gewandt hat.
  • Deshalb ist auch eine journalistische oder einer journalistischen Tätigkeit ähnliche Berufsausübung ausgeschlossen. Denn auch eine journalistische Tätigkeit setzt voraus, dass sie auf die Öffentlichkeit - durch Verbreitung über die Medien - ausgerichtet ist.

Hinweis

Die Entscheidung ist nicht dahin zu verstehen, dass eine schriftstellerische/journalistische Tätigkeit immer dann ausgeschlossen ist, wenn sie für einen bestimmten Auftraggeber ausgeführt wird. Entscheidend ist, ob die Arbeit zur Verbreitung in der Öffentlichkeit bestimmt ist. Deshalb sind auch Auftragsarbeiten für einen anderen Schriftsteller/Journalisten der freiberuflichen Tätigkeit zuzurechnen, sofern es sich nicht lediglich um untergeordnete Arbeiten wie Materialsammlung oder Textkorrektur handelt. Auch der Ghostwriter kann daher Schriftsteller/Journalist sein.

Der BFH weist verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gewerbesteuer und die Unterscheidung zwischen Gewerbetreibenden und freien Berufen zurück. Er verweist dazu auf die Grundsatzentscheidung des BVerfG v. 15.1.2008 (BVerfGE 120, 1). Danach darf der Gesetzgeber an der tradierten Differenzierung festhalten, solange sich der Typus des freien Berufs dem der Gewerbetreibenden nicht so weit angenähert hat, dass die unterschiedliche Behandlung als willkürlich erscheint.

Der aktuellen Entscheidung dürfte die Tendenz zu entnehmen sein, dass der BFH die unterschiedliche Behandlung zunehmend in Frage stellen wird.

Urteil v. 14.5.2014, VIII R 18/11, veröffentlicht am 12.11.2014