Hoeneß wegen Steuerhinterziehung angeklagt

Zwei Monate nach dem größten Triumph in der Geschichte des FC Bayern München ist Vereinspräsident Uli Hoeneß am Dienstag wegen Steuerhinterziehung angeklagt worden.

Ein möglicher Prozess rückt immer näher. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München müsse nun über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Hoeneß entscheiden, teilte die Justizpressestelle am Dienstag mit. Mit einer Entscheidung ist frühestens Ende September zu rechnen.

Zehn Tage vor dem Bundesliga-Auftakt gegen Borussia Mönchengladbach wollte der deutsche Fußball-Rekordmeister die Entwicklungen in der brisanten Causa zunächst nicht kommentieren. "Wir sagen dazu nichts", meinte Bayern-Sprecher Markus Hörwick. "Die Presseerklärung ist klar und eindeutig. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", erklärte Hoeneß-Anwalt Michael Nesselhauf der Nachrichtenagentur dpa. Auch der mit Vertretern aus der Wirtschaft hochkarätig besetzte Aufsichtsrat der Bayern wollte sich öffentlich nicht festlegen, ob der Steuersünder als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des Vereins weiter tragbar ist.

Das Kontrollgremium der FC Bayern AG hatte am 6. Mai durch ein 8:0-Votum das Angebot von Hoeneß abgelehnt, sein Amt als Vorsitzender des neunköpfigen Aufsichtsrats ruhen zu lassen, bis die Behörden über seine Selbstanzeige entschieden haben. Spitzenpolitiker und Experten für saubere Unternehmensführung hatten das Festhalten als Fehler und verpasste Chance kritisiert und den Kontrolleuren sogar Instinktlosigkeit und die Missachtung eigener Regeln vorgeworfen.

Adidas-Chef Herbert Hainer, stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates, scheint unverändert zu diesem Schritt zu stehen. In einem "Focus"-Interview forderte er, Hoeneß "eine zweite Chance" zu geben. "Ich bin der Meinung, dass es keinen Besseren für diese Position gibt", so Hainer weiter. Der fränkische Sportartikelhersteller ist gleichzeitig Anteilseigner der FC Bayern AG.

Hoeneß selbst präsentierte sich nach Wochen des Schweigens über seine persönliche Misere erst vor sechs Tagen optimistisch: «Ich bin zuversichtlich, dass es eine gute Lösung gibt. Ich denke, in den nächsten zwei, drei Monaten wird es eine Entscheidung geben», hatte Mister Bayern am Rande des Testspiels gegen den spanischen Meister FC Barcelona gesagt. Einen Rücktritt hat er bisher ausgeschlossen.

Auch in der vergangenen Woche hielt er an dieser Strategie fest. Er werde jetzt in aller Ruhe abwarten, wie die Steuerangelegenheit zu Ende geht, sagte Hoeneß und bedankte sich für "unglaublich viel Zuneigung von den Fans, dem Aufsichtsrat und dem Verein". Im April waren die Ermittlungen der Münchner Staatsanwälte gegen ihn öffentlich bekanntgeworden. Bereits im Januar hatte er sich bei den Finanzbehörden selbst angezeigt, weil er Einkünfte von einem Schweizer Konto verschwiegen hatte. Die Behörden hatten am 20. März sogar sein Haus am Tegernsee untersucht. «Da begann die Hölle für mich», sagte Hoeneß. Ein Haftbefehl gegen den 61-Jährigen war gegen Zahlung einer Kaution außer Vollzug gesetzt worden.

"Gegenstand des Ermittlungsverfahrens war die Prüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Selbstanzeige", sagte Staatsanwalt Florian Gliwitzky am Dienstag. "Wir gehen von einem hinreichenden Tatverdacht aus." Das Gericht teilte zudem mit, die Ermittlungen seien am Montag abgeschlossen worden. "Angesichts des Umfangs der Ermittlungsakten sowie der Tatsache, dass der Verteidigung zunächst eine Äußerungsfrist von einem Monat zugebilligt wurde, ist mit einer Entscheidung des Gerichts über die Eröffnung voraussichtlich nicht vor Ende September 2013 zu rechnen", erklärte Justizsprecherin Andrea Titz.

Der tiefe Fall vom übermächtigen Bayern-Patriarchen mit Herz zum Buhmann hat Hoeneß wochenlang um den Schlaf gebracht. "Es ist eine Situation, die kaum auszuhalten ist", gestand er Anfang Mai in einem Interview der "Zeit". "Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch." Er wolle für seine "große Torheit" einstehen und sie "so gut wie möglich korrigieren", so Hoeneß weiter.

Nach Informationen des "Spiegel" soll er auf ein "mildes Urteil" hoffen können. Die Staatsanwaltschaft «"cheint eine Verurteilung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung beantragen zu wollen", schrieb das Nachrichtenmagazin. Angeblich soll Hoeneß davon profitieren können, dass ein Teil der geschuldeten Steuern verjährt sei. Der strafrechtlich relevante Anteil der Steuerschuld soll nach "Spiegel"-Angaben unterhalb einer für Hoeneß wichtigen finanziellen Grenze liegen. Der Bundesgerichtshof hatte 2012 bekräftigt, dass erst bei einer Steuerhinterziehung von mehr als einer Million Euro keine Bewährungsstrafe mehr möglich sein soll.

dpa