Die Problemstellung wird anhand des nachstehenden Ausgangsfalls deutlich.[2]

Erblasser E hat zwei Personen, denen er Vermögensgegenstände zuwenden möchte. A soll dabei seine Immobilien und B sein Kapitalvermögen erhalten. Es ist davon auszugehen, dass die Immobilien und das Kapitalvermögen in etwa gleichwertig sind. Erbrechtlich umsetzen lässt sich die Zielsetzung des Erblassers etwa durch eine Alleinerbeinsetzung des A mit Kapitalvermächtnis zugunsten des B ggf. mit Testamentsvollstreckungsanordnung und postmortaler Vollmacht zur Vermächtnisabsicherung aus Sicht des Vermächtnisnehmers.[3] Alternativ käme auch eine Erbeinsetzung zu je ½ Erbteil mit Teilungsanordnungen/Vorausvermächtnissen und Testamentsvollstreckung in Betracht. Jedoch würde diese eine Erbauseinandersetzung erfordern und damit kosten- und zeitintensiver sein. Sie soll nachstehend nicht weiter betrachtet werden.

Veränderungen zu Lebzeiten des Erblassers in der Vermögenszusammensetzung können die obige Gestaltung leerlaufen lassen. Denkbar ist zum einen die Veräußerung der Immobilie und damit die Erhöhung des Kapitalvermögensbestands.

Abwandlung 1: Vermögensumschichtung zugunsten des Kapitalvermögens (B)

Genauso ist umgekehrt der Verbrauch des Kapitalvermögens durch z.B. Sanierung des Wohnhauses oder Verbrauch durch lebzeitige Pflege denkbar.

Abwandlung 2: Vermögensumschichtung zugunsten des Immobilienvermögens (A)

Alle Vermögensumschichtungen sind auch durch General- und Vorsorgebevollmächtigte denkbar, insbesondere könnten A und/oder B selbst bevollmächtigt sein, und – dies soll hier nicht vertieft werden, ggf. ersatzpflichtig – bewusst Vermögensumschichtungen tätigen. Damit kann die an sich gem. § 2065 (Abs. 2) BGB höchstpersönliche Erblasseranordnung (Erbeinsetzung, Vermächtnisanordnung) materiell ausgehöhlt werden. Es handelt um ein Beispiel des Problemkreises, dass Bevollmächtigte zwar formell keine höchstpersönlichen erbrechtlichen Geschäfte vornehmen können, jedoch durch z.B. Aufenthaltsbestimmung[4] (als Parallele zur Rechtswahl), Vermögensumschichtung (als Veränderung des "Inhalts" der Erbeinsetzung oder Vermächtniszuwendung, auch außerhalb der §§ 2151 ff. BGB) ähnliche Ergebnisse erzielen können.

Wie lässt sich diese Problematik nun bereits bei der Erbeinsetzung/Vermächtnisanordnung bedenken?

[2] Dabei wird im Folgenden von nur zwei Assetklassen ausgegangen. Die Überlegungen lassen sich auf beliebig viele Assetklassen übertragen.
[3] Zur Absicherung der Vermächtniserfüllung aus Sicht des Beschwerten s. Becker, ZEV 2021, 737 ff.
[4] Vgl. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO. BeckOK-BGB/Loyal, 68. Ed., Stand: 1.11.2023, Art. 21 EuErbVO Rn 20 (str.).

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