Leitsatz

Wer seine Versicherung belügt, verliert den Versicherungsschutz – doch wie sieht es in Grenzfällen aus. Im Antragsformular für viele Versicherungsformen sind alle Vorerkrankungen anzugeben. Verschleiert hier der Versicherungsagent etwas, verliert der Versicherungsnehmer die Versicherungsleistungen nur, wenn er das Unterschlagen der Vorerkrankungsinformation billigt.

 

Sachverhalt

Ein Versicherungsnehmer stellte über einen Versicherungsagenten einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufunfähigkeits-Zusatzversicherung. Der Versicherungsnehmer berichtete dem Agenten von einem grippalen Infekt, einer früheren Rückenerkrankung und aktuellen Kniebeschwerden. Der Agent meinte, die Rücken- und Kniebeschwerden seien für den Abschluss des Versicherungsvertrages unerheblich und nahm nur den grippalen Infekt in das Antragsformular auf.

Der Versicherungsnehmer, der zwei Jahre später einen Bandscheibenvorfall erlitt, beanspruchte eine Berufsunfähigkeitsrente, die der Versicherer ihm nicht gewähren wollte, weil er die Vorerkrankungen arglistig verschwiegen hätte.

Das mit dem Verschweigen sah der BGH anders. Die Richter bestätigten die "Auge- und Ohr-Rechtsprechung", wonach alles, was dem Agenten vom Versicherungsnehmer vorgelegt und gesagt wird, dem Versicherer selbst als vorgelegt und gesagt gilt, auch wenn es nicht in das Formular aufgenommen wurde.

Ein Ausschluss der Versicherungsleistung kommt allenfalls in Betracht, wenn Antragsteller und Agent zu Lasten des Versicherers zusammen wirken oder wenn der Versicherungsagent offensichtlich treuwidrig handelt und der Versicherungsnehmer dies erkennt und billigt. In diesem Fall hätte es Anhaltspunkte dafür geben müssen, dass der Antragsteller erkannt und bebilligt hat, dass der Versicherer durch die fehlenden Angaben über den Gesundheitszustand getäuscht und in seiner Entscheidung zum Abschluss des Vertrags beeinflusst wird. Vorbehaltlich einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch die Vorinstanz blieb der Versicherer zur Leistung der Berufsunfähigkeitsrente verpflichtet.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 27.2.2008, IV ZR 270/06.

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