Leitsatz

Nichtige Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung, dass Kosten "nach jeweiliger Wohnfläche" zu verteilen und abzurechnen sind, wenn hier von ca.-Angaben ohne jegliche Eingrenzung die Rede ist und überdies eine Gesamtfläche benannt wird, die sich rechnerisch nicht mit der Addition der erwähnten Einzelflächen deckt

 

Normenkette

§§ 10 Abs. 3, 16 Abs. 1, 2, 3 WEG

 

Kommentar

  1. In der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung wurden die einzelnen Sondereigentumseinheiten mit ca.-Angaben der jeweiligen Flächengröße erwähnt. Weiterhin hieß es in Ergänzung und teilweiser Änderung des § 16 WEG, dass Betriebskosten grundsätzlich im Verhältnis der jeweiligen Wohnfläche umzulegen seien (mit Ausnahme der Vergütung für den Verwalter und direkt gegenüber den Eigentümern veranlagter öffentlicher Abgaben). Eine sachverständliche Wohnflächenermittlung ergab eine Summe der Gesamtfläche von 1.402,98 m², während Addition der in der Teilungserklärung angegebenen Flächen zu einer Summe von 1.328,72 m² führte, demgegenüber ebenfalls nach Teilungserklärung von einer gesamten Wohn- und Nutzfläche aller Wohnungen von 1.323,02 m² die Rede war.
  2. Die Anfechtungsrüge der Klägerseite hinsichtlich falscher Verteilung der Mehrzahl der Kostenpositionen in beschlossenen Abrechnungen und Wirtschaftsplänen hatte Erfolg.

    Der hier vereinbarte Schlüssel ist nichtig, da der verwendete Begriff "jeweiliger Wohnfläche"zu unbestimmt ist. Für den Begriff Wohnfläche kann auch nicht die Wohnflächenverordnung herangezogen werden, da diese gemäß § 1 nur im öffentlich geförderten Wohnungsbau anwendbar ist, nicht jedoch für das WEG. Gerichtsbekannt gibt es im Übrigen auch noch andere Methoden der Flächenberechnung. Auch auslegungsweise kann vorliegend nicht auf die Wohnflächenverordnung abgestellt werden, die zum Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht einmal existierte. Als nächstliegende Bedeutung der Klausel in obigem Sinn kann nur die Bezugnahme auf die Flächenangaben im textlichen Teil der Teilungserklärung abgestellt werden (a.A. offenbar Becker in Bärmann-Ktr., 12. Aufl., § 16 Rn. 46 beim Fehlen "exakter" Angaben der Wohnfläche in der Teilungserklärung). Handelt es sich überdies in der Vereinbarung nur um ca.-Angaben, die in keiner Weise eingegrenzt sind und ist des Weiteren eine Gesamtfläche benannt, die sich rechnerisch nicht mit der Addition der erwähnten Einzelflächen deckt, sind Hinweise hier derart unbestimmt und unbestimmbar, dass von Nichtigkeit der Klausel ausgegangen werden muss. Eigentümern steht es auch nicht frei, eine derart unbestimmte Klausel durch einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG zu korrigieren, da diese Gesetzesbestimmung nur eine Beschlusskompetenz für die dort genannten Betriebs- und Verwaltungskosten eröffnet. Für einen Eigentümerbeschluss, sämtliche Kosten nach einem neuen Maßstab umzulegen, fehlt nach wie vor die Beschlusskompetenz. Ein Eigentümerbeschluss kann auch aufgrund des Rechtsgedankens des § 139 BGB nicht in einen Beschluss umgedeutet werden, der lediglich die Betriebs- und Verwaltungskosten neu umlegt. Im Zweifel ist demnach Gesamtnichtigkeit des Beschlusses anzunehmen, wobei es Eigentümern freisteht, mit Wirkung für die Zukunft einen wirksamen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG herbeizuführen.

  3. Mangels wirksamer anderweitiger Verteilungsvereinbarung sind deshalb vorliegend Kosten und Lasten nach Miteigentumsanteilen im Sinn des § 16 Abs. 2 WEG zu verteilen (im Anschluss an gebotene Ungültigerklärung der angefochtenen Abrechnungs- und Wirtschaftsplanbeschlüsse).
 

Link zur Entscheidung

AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 17.05.2013, 73 C 156/12

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