Entscheidungsstichwort (Thema)

Streupflicht auf unwirtlichen Gehwegen

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang und den Voraussetzungen der Streupflicht auf unwirtlichen Gehwegen (§ 49 Abs. 3 ThürStrG).

 

Normenkette

ThürStrG § 49 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Urteil vom 08.06.2004; Aktenzeichen 2 O 58/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des LG Meiningen vom 8.6.2004, Az.: 2 O 58/04, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 3.626,77 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.2.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung der Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten erster Instanz tragen die Klägerin 76 %, die Beklagte zu 1) 24 %.

Von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Klägerin tragen die Klägerin selbst 76 %, die Beklagte zu 1) 24 %.

Von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Beklagten zu 1) tragen die Klägerin 52 %, die Beklagte zu 1) selbst 48 %.

Die außergerichtlichen Kosten erster Instanz des Beklagten zu 2) trägt die Klägerin.

Von den Gerichtskosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin 26 %, die Beklagte zu 1) 24 %, der Beklagte zu 2) 50 %.

Von den außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz der Klägerin tragen die Klägerin selbst 26 %, die Beklagte zu 1) 24 % und der Beklagte zu 2) 50 %.

Von den außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz der Beklagten zu 1) tragen die Klägerin 52 %, die Beklagte zu 1) selbst 48 %.

Der Beklagte zu 2) trägt seine außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche ihres Mitarbeiters, des Zeugen H., wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht - Streupflicht - der Beklagten zu 1) geltend.

Die Beklagte zu 1) ist die Grundstückseigentümerin der ggü. dem Anwesen P. in B. gelegenen Anwohnerparkplätze, welche durch einen Gehweg von der Straße abgegrenzt werden.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, der Zeuge H. sei am 16.2.2003, gegen 11.00 Uhr, auf dem o.g. Gehweg vor den Anwohnerparkplätzen wegen Glätte zu Fall gekommen und habe sich dabei den linken Fuß gebrochen. Zum Unfallzeitpunkt sei der Bürgersteig im Bereich der Unfallstelle weder geräumt noch abgestreut gewesen, obwohl die Beklagte zu 1) nach Maßgabe ihrer Straßenreinigungssatzung (vgl. Anlage K 13, Anlagenband) dazu verpflichtet gewesen wäre. Der Gehweg sei am Unfalltag großflächig vereist und zusätzlich mit Schnee bedeckt gewesen. Ein Mitverschulden des Zeugen H. sei nicht gegeben. Der Zeuge sei vorsichtig gegangen; er habe den Gehweg benutzen müssen, um zu seinem auf dem Anwohnerparkplatz abgestellten Pkw zu gelangen. Infolge des Unfalls sei der Zeuge H. bis einschließlich 21.4.2003 durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Die von ihr während dieses Zeitraumes geleisteten streitgegenständlichen Entgeltfortzahlungen hat die Klägerin auf insgesamt 7.489,40 EUR beziffert; wegen der einzelnen Schadenspositionen wird auf die Auflistung, Bl. 32 d.A., Bezug genommen.

Die Beklagten haben in erster Instanz den Unfallhergang, die Verletzungen des Zeugen H. sowie den Schaden, insb. die Dauer der Krankschreibung, bestritten.

Sie haben vorgetragen, eine Räum- und Streupflicht für die Unfallstelle habe nicht bestanden, weil dem Weg entlang der Anwohnerparkplätze lediglich eine untergeordnete Bedeutung zukomme. Eine Verkehrspflichtverletzung der Beklagten zu 1) scheide auch deshalb aus, weil zum Zeitpunkt des Unfalls keine allgemeine Glätte vorgelegen habe. Jedenfalls trete ein etwaiges Verschulden der Beklagten zu 1) hinter dem groben Eigenverschulden des Zeugen H. zurück, da dieser sich trotz deutlich erkennbarer Glätte und winterlicher Witterung eigenverantwortlich der damit verbundenen Gefahr ausgesetzt habe.

Die Klägerin hat noch vor der mündlichen Verhandlung erster Instanz, mit Schriftsatz vom 28.4.2004, die Klage gegen den Beklagten zu 2) zurückgenommen.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der von ihnen gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (vgl. Bl. 42 ff. d.A.).

Das LG Meiningen hat mit Urteil vom 8.6.2004 der Klage gegen die Beklagte zu 1) nach Beweisaufnahme zu den Umständen des Unfalls vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Beklagte zu 1) sei gem. § 10 Abs. 1 ihrer Straßenreinigungssatzung verpflichtet gewesen, den nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme am Unfalltag großflächig vereisten Gehweg zu räumen. Anhaltspunkte für ein Mitverschulden des Zeugen H. seien nicht erkennbar. Hinsichtlich der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils, Bl. 45 f. d.A., Bezug genommen.

Gegen die ihnen am 17.6.2004 zugestellte Entscheidung haben sowohl die Beklagte zu 1) als auch der Beklagte zu 2) am 16.7.2004 Berufung eingelegt und diese am 17.8.2004 b...

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