Leitsatz

Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften darf keine Tarifverträge schließen. Die Folge könnten hohe Nachzahlungen in Form von Sozialversicherungsbeiträgen sein. Sind die Zeitarbeitsfirmen dazu nicht fähig, können ggf. die entleihenden Firmen zur Kasse gebeten werden.

 

Sachverhalt

Die Spitzenorganisation der Christlichen Zeitarbeitsgewerkschaften, der Billigverträge vorgeworfen wurden, darf künftig keine Tarifverträge mehr abschließen. Die Richter sprachen der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) die Tariffähigkeit ab. Tarifverträge können auf Arbeitnehmerseite nur von einer tariffähigen Gewerkschaft oder einem Zusammenschluss solcher Gewerkschaften (Spitzenorganisation) abgeschlossen werden. Zudem darf der Organisationsbereich einer Spitzenorganisation nicht über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinausgehen. Rechtliche Konsequenz ist, dass Leiharbeiter, für die es keinen gültigen Tarifvertrag gibt, Anspruch auf gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaften in den entleihenden Unternehmen haben. Das "Equal-Pay-Prinzip" ist gesetzlich geregelt. Es beruht auf europäischem Recht und in § 9 Nr. 2 AÜG verankert.

 

Hinweis

Zur Gültigkeit bestehender CGZP-Verträge machte der 1. Senat zunächst keine Angaben. Die Gewerkschaft Verdi vertrat die Ansicht, dass Leiharbeiter jetzt höhere Lohnansprüche für vergangene Jahre einklagen könnten. Der Vorsitzende der CGZP, hingegen bezweifelte, dass mit dem BAG-beschluss bestehende Tarifverträge hinfällig werden. Entleiherunternehmen sind davon nicht direkt betroffen, sie sind zunächst außen vor; sie haften jedoch nachrangig für die Sozial- und Unfallversicherungsbeiträge des Zeitarbeitsunternehmens.

Bezahlt also der Verleiher nach Mahnung und Fristsetzung den restlichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile aus dem neuen Arbeitslohn nicht, können diese gegenüber der Entleiherfirma geltend gemacht werden, inklusive Zinsen und Säumniszu­schlägen. Auf Unternehmen, die häufig Leiharbeitnehmer einsetzen, kann ein stolzer Betrag zukommen, da die Ansprüche erst nach 4 Jahren verjähren. Fachleute gehen dabei von einem Volumen möglicher Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen von 0,5 Mrd. EUR pro Jahr aus. Rückforderungen seien für die vergangenen 4 Jahre möglich. Tarife der Christlichen Spitzenorganisation sollen nach Schätzungen für etwa 200000 der bis zu 900000 Zeitarbeiter in Deutschland abgeschlossen worden sein.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Beschluss v. 14.12.2010, 1 ABR 19/10.

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