Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegeunfall unter Alkoholeinfluss als entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall

 

Orientierungssatz

1. Bei einem Wegeunfall besteht dann kein Unfallversicherungsschutz, wenn Alkoholeinfluss wesentliche Bedingung des Verkehrsunfalles gewesen ist. Dafür trifft den Versicherungsträger die Beweislast.

2. Absolute Fahruntüchtigkeit ist ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille anzunehmen. Bei nur relativer Fahruntüchtigkeit bedarf es weiterer Beweisanzeichen in Form von alkoholtypischen Ausfallerscheinungen, die darauf schließen lassen, dass der Versicherte wegen der Folgen des Alkoholgenusses fahruntüchtig und damit der Alkoholgenuss die überragende Ursache für das Unfallereignis war.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2006 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, das Unfallereignis vom 25. September 2005 als Versicherungsfall festzustellen.

Die Beklagte erstattet dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Verkehrsunfalls als Versicherungsfall.

Der am 09. Februar 1985 geborene Kläger ist ausgebildeter Landmaschinenmechaniker und absolvierte seit dem 01. August 2005 eine Ausbildung zum Landwirt. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung befindet er sich in einer Umschulungsmaßnahme im Goslarer Beförderungswerk zum Qualitätsfachmann. Am Abend des 24. September 2005, einem Samstag, begab er sich um ca. 21.30 Uhr zu einem Herbstfest in seinem Heimatort Hoitlingen. Dort trank er nach eigenen Angaben ca. 2, 3 halbe Liter Weizenbier und 2, 3 Gläser gezapftes Bier (Pils). Gegen Mitternacht verließ er dieses Fest zusammen mit seiner Freundin und ging anschließend sofort in deren Wohnung zu Bett, wo er gegen 0.30 Uhr einschlief. Gegen 4.00 Uhr am Sonntag, den 25. September 2005, stand er auf, trank einen Kaffee und begab sich mit seinem Pkw auf direktem Wege zu seinem Ausbildungsbetrieb in 29320 Hermannsburg-Beckendorf. Arbeitsbeginn sollte an diesem Morgen 6.00 Uhr sein. In Höhe des Kilometersteins 34,00 auf der Landesstraße 280 aus Richtung Hagen/Sprakensehl kommend in Richtung B 191/Unterlüß, in 29365 Strakensehl, außerhalb einer geschlossenen Ortschaft, kam der Kläger von der Fahrbahn ab. Bei Kilometer 33,95 überfuhr er einen Leitpfahl, knickte eine im Seitenraum stehende junge Eiche ab, sein Pkw überschlug sich mehrmals und nach weiteren 50 Metern prallte das Fahrzeug mit der Bodengruppe, quer zur Längsrichtung, gegen einen starken Eichenbaum. Der Kläger selbst hat an den Unfallhergang keine Erinnerungen mehr. Augenzeugen sind nicht bekannt. Der Pkw wies einen unfallbedingten Totalschaden auf. Ausweislich des Unfallbefundberichts des Polizeikommissars G. vom 30. September 2005 waren auf dem Fahrbahnbelag keinerlei Bremsblockierspuren, Drift- oder Schleuderspuren erkennbar. Demnach beginne die Spurenzeichnung im Seitenraum. Dort komme der verunfallte Pkw des Klägers allmählich von der Fahrbahn ab und hinterlasse im Gras entsprechende Reifenabdruckspuren. Ein direkter Zusammenstoß des Pkw's mit Wild könne ausgeschlossen werden; gleichwohl befanden sich im Bereich der Unfallstelle frische Spuren vom Wild. Eine um 06.23 Uhr am Unfallmorgen durchgeführte Blutentnahme ergab eine Blutalkoholkonzentration des Klägers von 0,84 Promille (Befund des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Göttingen vom 28.09.2005, Bl. 11 staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte), was zum Unfallzeitpunkt, ca. 1 1/2 Stunden früher, einer Blutalkoholkonzentration von ca. 1,0 Promille entspricht. Der Führerschein des Klägers wurde zunächst sichergestellt. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.

Der Kläger wurde mit dem Notarztwagen zunächst in das Allgemeine Krankenhaus Celle verbracht. Es erfolgte eine Verlegung ins berufsgenossenschaftliche Unfallkrankenhaus Hamburg. Infolge des Unfalls leidet der Kläger an einer kompletten Querschnittslähmung.

Mit Bescheid vom 25. Januar 2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Versicherungsfalls sowie Entschädigungsleistungen ab. Zur Begründung führte sie aus, dass sich der Kläger zwar auf unmittelbarem Wege zur Arbeitsstätte befunden und damit grundsätzlich Versicherungsschutz bestanden habe. Doch sei der Verkehrsunfall wegen Fahruntüchtigkeit infolge von Übermüdung in Verbindung mit Alkoholeinfluss als allein wesentliche Ursache entstanden. Seinen Widerspruch hiergegen begründet der Kläger u.a. damit, dass er wohl einem Wild ausgewichen sei und dies Unfallursache sein könnte. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger hat am 25. Juli 2006 Klage erhoben.

Der Kläger beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2006 aufzuheben und

2. das Unfallereignis vom 25. September 2005 als Versicherungsfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Erm...

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