Rz. 98

Lässt sich eine übliche Vergütung (noch) nicht feststellen, richtet sich die Höhe der Vergütung grundsätzlich nach den §§ 315, 316 BGB.[108] Danach hat der Rechtsanwalt die Gebühr des Abs. 1 S. 2 der Höhe nach zu bestimmen; diese Bestimmung hat er nach billigem Ermessen zu treffen.[109] Ein einseitiges Bestimmungsrecht des Anwalts, welches allein aus der Nichtexistenz einer üblichen Vergütung abgeleitet wird, lehnt der BGH[110] ab. Das bloße Fehlen fester Vergütungssätze für vergleichbare Arbeiten rechtfertige keine einseitige Verlagerung des Leistungsbestimmungsrechts auf eine der Vertragsparteien.[111] Dem BGH ist insoweit zu folgen; ein Rückgriff auf die §§ 315, 316 BGB widerspräche bei Abs. 1 S. 2 dem Interesse der Parteien des Anwaltsvertrages. Bei gegenseitigen Verträgen kann ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht wegen des Gedankens der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht gewollt sein.[112] Der Anwaltsvertrag ist als gegenseitiger Vertrag zu qualifizieren, weshalb nach Abs. 1 S. 2 eine einseitige Gebührenbestimmung durch den Anwalt ausscheidet.

[108] Vgl. BAG NZA 2002, 624.
[109] So Hartung/Römermann, § 34 Rn 77; Hansens, RVGreport 2006, 121, 122; ders., in: Hansens/Braun/Schneider, Teil 8 Rn 74; Rüssel/Sensburg, SchiedsVZ 2006, 324, 326; Madert/Schons, Vergütungsvereinbarung, Rn 175.
[110] BGH 4.4.2006 – X ZR 122/05, NJW 2006, 2472; ebenso Kilian, MDR 2008, 780; AG Brühl AGS 2008, 589.
[112] BGH 13.3.1985 – IVa ZR 211/82, NJW 1985, 1895; MüKo/Müller-Glöge, BGB, § 612 Rn 31.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge