Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsansprüchen nach dem Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG)

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 21 Abs. 2 TTDSG beinhaltet nunmehr eine spezialgesetzliche Anspruchsgrundlage für eine Auskunftspflicht des Betreibers einer Social-Media-Plattform - hier Instagram - gegenüber den Betroffenen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

2. Die Vorschrift löst das zweistufige Verfahren nach § 14 TMG a.F. ab, das lediglich eine gerichtliche Gestattung, nicht aber die Verpflichtung zur Auskunftserteilung vorsah und daher die gesonderte Durchsetzung eines Leistungsanspruchs notwendig machte.

3. Der Auskunftsanspruch nach § 21 TTDSG umfasst jedoch nur die Bestandsdaten, nicht aber die Nutzungsdaten.

 

Normenkette

TMG § 14; TTDSG § 21 Abs. 2

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde vom 27. Oktober 2021 wird der Beschluss des Landgerichts Flensburg vom 20. September 2021 abgeändert.

Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über die Bestandsdaten des auf der Plattform "www.instagram.com" registrierten Nutzers unter dem Benutzernamen "X_wurde_gehackt" (https://www.instagram.com/X_wurde_gehackt/), durch Angabe der folgenden, bei der Beteiligten hinterlegten Daten:

a. Name des Nutzers,

b. E-Mail-Adresse des Nutzers,

c. Telefonnummer des Nutzers.

2. Im Übrigen werden der Antrag der Antragstellerin und die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin macht Auskunftsansprüche wegen eines Nutzerkontos auf Instagram geltend, dessen Inhalt sie nach ihrer Auffassung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt hat.

Die Beteiligte zu 2) betreibt unter anderem die Social-Media-Plattform "Instagram", die Nutzern die Möglichkeit eröffnet, Textbeiträge, Fotos und Videos zu veröffentlichen. Diese Beiträge sind - nach Wahl des Kontoinhabers - entweder von einem privaten Personenkreis oder der gesamten Öffentlichkeit einsehbar. Die minderjährige Antragstellerin betreibt selbst einen Nutzeraccount auf der Plattform www.instagram.com der Beteiligten zu 2).

Eine der Antragstellerin unbekannte dritte Person eröffnete zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 15. Januar 2021 einen Account auf der Social-Media-Plattform "Instagram" mit dem Nutzernamen "X_wurde_gehackt" und stellte in einem mit "Nudes" bezeichneten Ordner Bilder und Äußerungen ein. Der Account war zunächst öffentlich und wurde am 16. Januar 2021 auf "privat" geändert. Die Bilder zeigten eine lediglich mit Unterwäsche bekleidete junge Frau mit langen braunen Haaren, deren Gesicht jeweils durch ein Smartphone verdeckt ist. Auf den Fotos waren die folgenden Äußerungen zu lesen:

  • "Ich bin eine schlampe mit push up",
  • "Ich bin die kachi von nebenan",
  • "Will, dass du mich leckst, Babe, du darfst bei mir Backstage",
  • "Schreibt mir wenn ihr ficken wollt".

Am 19. Januar 2021 meldete die Antragstellerin das verfahrensgegenständliche Konto bei der Beteiligten zu 2), die dieses am 22. Januar 2021 deaktivierte, so dass die Bilder nicht mehr abrufbar sind.

Die Antragstellerin hat behauptet, die Fotos zeigten ihren Kopf auf einem anderen Körper. Klassenkameraden hätten sie auf den Bildern erkannt. Zwei ehemaligen Klassenkameradinnen hätten sie am 15. Januar 2021 per WhatsApp auf das Profil angesprochen, wodurch sie hiervon Kenntnis erlangt habe. Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, sie habe einen Gestattungsanspruch nach § 14 Abs. 3 TMG a.F., da die Inhalte des falschen Profils die Tatbestände der §§ 185 ff. StGB erfüllten. Sie benötige die verlangten Informationen zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche in Form von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen gegen den Inhaber des Nutzerkontos.

Die Beteiligte zu 2) hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Antragstellerin auf den Fotos von ihren Klassenkameraden erkannt worden sei. Es sei ihr unmöglich, die begehrte Auskunft über IP-Adressen zu erteilen, da sie nicht feststellen könne, ob eine bestimmte IP-Adresse zum Zeitpunkt des Hochladens eines Inhalts verwendet worden sei.

Das Landgericht hat den auf Gestattung der Auskunftserteilung gerichteten Antrag mit Beschluss vom 20. September 2021 zurückgewiesen, da die Antragstellerin gegen die Beteiligte zu 2) keinen materiell-rechtlichen Auskunftsanspruch innehabe. Dieser ergebe sich weder aus dem vertraglichen Schuldverhältnis, das sich lediglich auf den von der Antragstellerin selbst betriebenen Account beziehe, noch bestehe ein gesetzlicher Auskunftsanspruch nach § 242 BGB. Denn die Beteiligte zu 2) hafte nicht als mittelbare Störerin nach § 1004 Abs. 1 BGB, da sie keine Prüfpflichten verletzt und das streitgegenständliche Konto unmittelbar nach Benachrichtigung durch die Antragstellerin deaktiviert habe. Ein allgemeiner Auskunftsanspruch gegen Telemediendienste als "Nicht-Störer" bestehe nach gegenwärtiger Rechtslage nicht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde de...

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