Leitsatz

Wer als Anwalt den Anschein erweckt, Sozius zu sein, muss Mandanten haften, die auf diesen Schein vertrauen. Aber die Haftung erfasst nur Mandanten, nicht jedoch andere Geschäftskontakte der Kanzlei.

 

Sachverhalt

Solange ein Rechtsanwalt als Einzelanwalt tätig ist, ist die Haftungssituation relativ überschaubar. Er haftet selbst. Schwieriger wird es, wenn sich Anwälte zur gemeinsamen Ausübung ihrer Tätigkeit zusammenschließen. Sie alle haften dann als Gesamtschuldner: Jeder Sozius haftet neben dem Sozietätsvermögen selbst unbeschränkt mit seinem persönlichen Vermögen.

Die Haftung als Gesamtschuldner greift auch, wenn eine sog. Scheinsozietät besteht. Sie wird von den Gerichten angenommen, wenn trotz fehlendem tatsächlichen Zusammenschluss als GbR oder Partnerschaft nach außen hin der Anschein einer Sozietät erweckt wird. Diese "Scheinsozietät"-Grundsätze und ihre Folgen für die "Scheinsozien" gelten aber nur gegenüber Mandanten.

Eine Anwältin hatte für die Kanzlei, bei der sie nur angestellt, aber nicht Sozia war, eine EDV-Anlage erworben und eine Reparatur in Auftrag gegeben. Die PC-Firma stellte der Sozietät eine Rechnung, die diese nicht bezahlte. Das Computerunternehmen verklagte schließlich die Anwältin auf Zahlung der Rechnung. Es argumentierte, die Anwältin müsse aus den Haftungsgrundsätzen zur Scheinsozietät für die Zahlung der Rechnung einstehen. Schließlich sei sie auf dem Briefkopf der Kanzlei wie eine Sozia dargestellt worden, ohne dies in Wirklichkeit zu sein.

Der BGH war anderer Ansicht: Die Rechtsfigur der Scheinsozietät schützt ausschließlich das Vertrauen von Mandanten. Die Haftungsgrundsätze greifen daher nur bei anwaltstypischen Tätigkeiten. Nicht anwendbar sind sie, wenn ein Rechtsanwalt sonst tätig wird, auch wenn dies für die Kanzlei geschieht, so z. B. bei Kauf eines PC.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 16.04.2008, VIII ZR 230/07.

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