Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsverlangen über Namen und Anschriften von Mitgesellschaftern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anleger, der sich mittelbar über eine Treuhänderin an einer Publikumsgesellschaft beteiligt hat, hat einen Anspruch darauf, dass ihm die Namen und die Anschriften der (anderen) mittelbar und unmittelbar beteiligten Anleger mitgeteilt werden, wenn er nach den vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Verzahnung des Gesellschafts- und des Treuhandvertrages, im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft die einem unmittelbaren Gesellschafter entsprechende Rechtsstellung erlangt hat (stRspr BGH BeckRS 2013, 4606).

2. Es liegt auch dann keine unzulässige Rechtsausübung und kein Missbrauch des Auskunftsrechts vor, wenn das Auskunftsersuchen allein bzw. vorrangig/wesentlich dem Ziel dient, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, um diesen Mitgesellschaftern Kaufangebote hinsichtlich ihrer Anteile zu unterbreiten.

3. Die Regelungen der DSGVO stehen einem solchen Auskunftsanspruch nicht entgegen.

 

Normenkette

BGB §§ 226, 242; DSGVO Art. 6 Abs. 1b; HGB § 145 Abs. 2, § 161 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 22.12.2017; Aktenzeichen 15 O 3391/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 10.11.2017, Az. 15 O 3391/17, abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Name, Anschrift und die Höhe der Beteiligung der an der B. C. E. Immobilien GmbH & Co. S. O. Österreich KG beteiligten unmittelbaren, im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten und der indirekt über die Beklagte beteiligten Treugeber der B.C. E. Immobilien GmbH & Co. S. O. Österreich KG schriftlich mitzuteilen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin begehrt Auskunft über Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe ihrer Mitgesellschafter bzw. Mittreugeber, die sich - wie die Klägerin - an der B. C. E. Immobilien GmbH & Co. S. Ö. KG (B. C. Österreich III) beteiligt haben.

Bei der B. C. Österreich III handelt es sich um einen im Jahr 2005 aufgelegten geschlossenen Fonds in der Form einer Publikumskommanditgesellschaft, welcher in eine Büroimmobilie in Wien investierte. Die Firma B. C. Treuhand GmbH war Gründungs- und Treuhandkommanditistin. Sie ist im Jahr 2008 mit der Beklagten verschmolzen.

Mit Kauf- und Übertragungsvertrag vom 25.07.2016 (vgl. Anlage K 1) beteiligte sich die Klägerin als Treugeberin an der B. C. Österreich III mit einem Kommanditanteil in Höhe von 50.000,00 Euro zum 24.05.2016.

Gem. § 4 des Gesellschaftsvertrags werden die über die Treuhandkommanditistin als Treugeber Beteiligten im Innenverhältnis zur Gesellschaft und den Kommanditisten wie Direktkommanditisten behandelt und ihnen gleichgestellt; zu den weiteren Regelungen im Gesellschaftsvertrag wird auf Anlage K 3 verwiesen.

Mit E-Mail vom 05.01.2017 (vgl. Anlage K 5) bat die Klägerin die Beklagte um die Übermittlung der Daten der Anleger des streitgegenständlichen Fonds. Die Beklagte lehnte diese Bitte mit Schreiben vom 30.01.2017 (vgl. Anlage K 6) mit der Begründung ab, dass derzeit keine Berechtigung zum Erhalt der Anlegerdaten erkannt werde.

Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage ihren Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte geltend. Sie ist der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch zu, da sie ein Recht habe, ihre Mitgesellschafter und Vertragspartner zu kennen. Sie werde nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags einem Kommanditisten gleichgestellt. Eine Ausnahme von dem ihr grundsätzlich zustehenden Auskunftsanspruch nach § 242 BGB oder § 226 BGB liege nicht vor. Sie begehre Austausch mit ihren Mitgesellschaftern, es gehe ihr um die Ausübung von Gesellschafterrechten und ggf. auch die Gründung eines Beirates. Es sei zwar zutreffend, dass sie auch den Erwerb von weiteren Anteilen von Mitgesellschaftern anstrebe, dies sei aber nicht der einzige und ausschließliche Zweck ihres Auskunftsbegehrens.

Die Klägerin hat erstinstanzlich Auskunft (wie tenoriert) begehrt.

Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und erstinstanzlich den Hilfsantrag für den Fall der Verurteilung der Beklagten zur Auskunft gestellt, dass die Klägerin verurteilt wird, an die Beklagte 545,80 Euro zu zahlen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin im vorliegenden Fall kein Auskunftsanspruch zustehe, da einziges und ausschließliches Ziel der Klägerin nicht die Ausübung von Gesellschafterrechten sei, sondern der Erwerb von Anteilen an der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft von anderen Mitgesellschaftern. Dies sei rechtsmissbräuchlich. Die Beklagte verweist diesbezüglich auf eine andere Beteiligung der Klägerin an einem vergleichbaren Fonds, nämlich der B. C. E. Immobilien GmbH & Co. F. O. Ö. KG (Ö. F. KG). In diesem Parallelfall habe die Klägerin ebenfalls Auskunft verlangt und auch eine solche durch Urte...

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