Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des Begriffs "Beginn des Versicherungsschutzes" in Verträgen, die ein bereits bestehendes Rechtsschutzversicherungsverhältnis mit neuen Bedingungen fortsetzen.

Zur Anwendung geänderter Versicherungsbedingungen auf Rechtschutzfälle, die auf einem "Verstoß" i.S.v. § 4 ARB 2000 vor Vertragsänderung beruhen.

 

Normenkette

ARB 94 §§ 4, 7; ARB 2000 §§ 4, 7

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 11.07.2008; Aktenzeichen 2 O 380/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Baden-Baden vom 11.7.2008 - 2 O 380/07 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte aufgrund des Rechtsschutzversicherungsvertrages Nr. ... verpflichtet ist, der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren für einen Rechtsstreit gegen die Stadtsparkasse ... über die Wirksamkeit der Darlehensverträge Nr. ... und Nr. ... bei diesem Kreditinstitut bezüglich der Klägerin, sowie über die Wirksamkeit der von der Klägerin erklärten Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung zur Sicherung dieser Darlehen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläuft vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist mitversicherte Person in dem von ihrem in der Zwischenzeit getrennt lebenden Ehemann abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag mit der Beklagten. Sie begehrt von der Beklagten Deckungsschutz für eine beabsichtigte Klage gegen eine Sparkasse als Kreditgeberin.

Das seit 1985 bestehende Rechtsschutzversicherungsvertragsverhältnis, in das die ARB 75 einbezogen waren, wurde zum 1.9.2001 einvernehmlich abgeändert und zu einem neuen Vertragsverhältnis, bestehend aus Rechtsschutz, Hausrat-Schutz, Glasbruch-Schutz und Beitragsübernahme zusammengefasst. Vertragsgrundlage wurden nunmehr die verbundenen Bedingungen für "Recht+Heim" (RuHe 2001).

Die ARB 75 lautet auszugsweise wie folgt:

§ 4 Allgemeine Risikoausschlüsse

(4) Für Versicherungsfälle, die dem Versicherer später als zwei Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages für das betroffene Wagnis gemeldet werden, besteht kein Versicherungsschutz.

Rechtstellung dritter Personen

I. ...

II. Die Ausübung der Rechte des Versicherungsnehmers und der mitversicherten Personen aus dem Versicherungsvertrag steht, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, ausschließlich dem Versicherungsnehmer zu; der Versicherer ist jedoch berechtigt, den mitversicherten Personen Versicherungsschutz zu gewähren, solange der Versicherungsnehmer nicht widerspricht ...

C. Der Versicherungsfall

§ 14 Eintritt des Versicherungsfalls

I. ...

II. ...

III. In allen übrigen Fällen gilt der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Bei mehreren Verstößen ist der erste adäquat ursächliche Verstoß maßgeblich, wobei tatsächliche oder behauptete Verstöße, die länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsvertrages für das betroffene Wagnis zurückliegen, für die Feststellung des Versicherungsfalles außer Betracht bleiben.. Liegt der tatsächliche oder behauptete Verstoß ... oder löst eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor oder innerhalb von drei Monaten nach Versicherungsbeginn vorgenommen wird, den Versicherungsfall aus, besteht kein Versicherungsschutz.

Die RuHe 2001 bestimmen u.a.

Teil A - Rechtsschutzdeckung

§ 4 Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz

1. Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles

1.1 ...

1.2 ...

1.3 in allen anderen Fällen des § 2 von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.

Die Voraussetzungen nach Nrn. 1.1 bis 1.3 müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß Teil E. § 1 und vor dessen Beendigung eingetreten sein.

2 ... Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist der erste entscheidend, wobei jedoch jeder Rechtsschutzfall außer Betracht bleibt, der länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung eingetreten ... ist.

I. Es besteht kein Rechtsschutz, wenn

3.1

3.2 eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes

vorgenommen wurde, den Verstoß nach Nr. 1.3 ausgelöst hat.

§ 7 Rechtsstellung mitversicherter Personen

I. ...

II. Für mitversicherte Personen gelten die den Versicherungsnehmer betreffenden Bestimmungen sinngemäß. Der Versicherungsnehmer kann jedoch widersprechen, wenn eine andere mitversicherte Person als sein ehelicher Lebenspartner Rechtsschutz verlangt.

Teil E. - Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Beginn des Versicherungsschutzes

Der Versicherungsschutz beginnt mit dem im Versicherungsschein vereinbarten Zeitpunkt, und zwar auch dann, wenn zur Beitragszahlung erst später aufgefordert, die Beiträge aber unverzüg...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge