Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Bemessung einer Nutzungsausfallentschädigung ist bei Personenkraftwagen, die älter als fünf Jahre sind, der Entschädigungssatz nach den Tabellen von Sanden/Danner um eine Gruppe herabzustufen.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 08.06.2022; Aktenzeichen 3 O 284/21)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 8. Juni 2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug hat der Beklagte zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 8. Juni 2022 sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und von der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen wird gemäß den §§ 540 Abs. 1, 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zusteht, weil der Beklagte das Fahrzeug der Klägerin von dem Stellplatz vor dem Anwesen Straße1 in Stadt1 auf den Hof gefahren hat und das Hoftor mit einem Schloss absicherte, zu dem die Klägerin keinen Schlüssel besaß.

Dies stellt eine Verletzung des Eigentumsrechts der Klägerin dar.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist zum einen ausweislich der als Anlage K 1 vorgelegten Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) Halterin des Fahrzeugs (Anlage K 1). Zum anderen hat sie - wie aus der als Anlage K 8 (Bl. 131 d. A.) vorgelegten Kopie hervorgeht - den Kaufvertrag über das Fahrzeug in eigenem Namen geschlossen. Zudem ist der Kaufpreis ausweislich des in Kopie als Anlage K 9 (Bl. 132 d. A.) vorgelegten Kontoauszugs von ihrem Konto abgebucht worden. Nach alledem unterliegt es keinen Bedenken, dass das Landgericht aus diesen sehr gewichtigen Indizien den Schluss gezogen hat, dass die Klägerin die Eigentümerin des Fahrzeugs ist.

Die Verletzung des Eigentums an einer Sache kann nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache selbst erfolgen, die deren Benutzung objektiv verhindert (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2016 - VI ZR 403/14 -, NJW-RR 2017, 219, 221; Urteil vom 27.09.2022 - VI ZR 336/21 -, NJW 2022, 3789, 3790). Voraussetzung ist stets, dass die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ihren Grund in einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst hat (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2014 - VI ZR 155/14 -, NJW 2015, 1174, 1175; Urteil vom 27.09.2022 - VI ZR 336/21 -, NJW 2022, 3789, 3790). Werden die Eigentümerbefugnisse durch eine tatsächliche Einwirkung auf die Sache derart beeinträchtigt, dass deren Verwendungsfähigkeit vorübergehend praktisch aufgehoben ist, bedarf es für die Annahme einer Eigentumsverletzung grundsätzlich nicht zusätzlich der Überschreitung einer zeitlich definierten Erheblichkeitsschwelle. Die erforderliche Intensität der Nutzungsbeeinträchtigung folgt hier grundsätzlich bereits aus dem Entzug des bestimmungsgemäßen Gebrauchs (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2016 - VI ZR 403/14 -, NJW-RR 2017, 219, 221; Urteil vom 27.09.2022 - VI ZR 336/21 -, NJW 2022, 3789, 3790).

Davon ist etwa dann auszugehen, wenn ein Fahrzeug vorübergehend seine Bewegungsmöglichkeit verliert, dadurch seiner Funktion - zum Beispiel als Transportmittel - beraubt und dem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen wird (s. etwa BGH, Urteil vom 31.10.1974 - III ZR 85/73 -, BGHZ 63, 203, 206, zur Einsperrung eines in der Garage abgestellten Kraftwagens durch widerrechtlich ausgeführte Bauarbeiten vor der Garagenausfahrt). Eine Eigentumsverletzung ist auch in einem Fall angenommen worden, in dem ein (Betriebs-)Grundstück wegen akuter Brandgefährdung und eines polizeilichen Räumungsgebots über einen Zeitraum von zwei Stunden nicht genutzt werden konnte (s. BGH, Urteil vom 21.06.1977 - VI ZR 58/76 -, NJW 1977, 2264). Diese Fallgestaltungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Verwendungsfähigkeit der Sache vorübergehend praktisch aufgehoben ist; die Beeinträchtigung der Eigentümerbefugnisse durch den Entzug des bestimmungsgemäßen Gebrauchs wirkt wie eine zeitweilige Wegnahme der Sache (vgl. etwa BGH, Urteil vom 27.09.2022 - VI ZR 336/21 -, NJW 2022, 3789, 3790).

So liegt es auch hier, da die Klägerin keinen Zugriff mehr auf ihr Fahrzeug hatte, da dieses (infolge der Handlung des Beklagten) auf dem Hof stand, das Hoftor abgeschlossen war und die Klägerin zu dem Schloss des Hoftores ...

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