Entscheidungsstichwort (Thema)

Bauvertrag: Verpflichtung zur Einhaltung des Fertigstellungstermins trotz Zahlungsverzuges

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 08.05.2019; Aktenzeichen 19 O 21/13)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.01.2022; Aktenzeichen VII ZR 258/21)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt - 19. Zivilkammer - vom 08.05.2019 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Der Gegenstandswert für die Berufungsinstanz wird auf 71.200,07 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Hinblick auf einen Werkvertrag, der den Bau eines Einfamilienhauses zum Gegenstand hatte, auf Vertragsstrafe und Fertigstellungskosten in Anspruch. Grundlage der Zusammenarbeit der Parteien war der am 12.09.2011 (K 1, Anlagensonderband) zwischen den Parteien geschlossene Bauvertrag unter Einbeziehung der VOB/B (vergl. § 1 Nr. 1 des Vertrages).

Dort ist unter § 4 geregelt:

"1.

...

Bis zur Fertigstellung der geschuldeten Bauleistung gemäß diesen Vertrages bzw. der Baubeschreibung wurden 7 Monate ab Bauzeitbeginn vereinbart. Der Fertigungstermin verlängert sich um die jeweilige Zeit, wenn der Auftragnehmer durch höhere Gewalt, Streiks, Aussperrungen oder durch Nichterbringung von Bauherrenleistungen (Eigenleistungen des Auftraggebers) gehindert wird, seine Leistungen zu erbringen.

Bei schuldhafter Überschreitung des Fertigstellungstermins verpflichtet sich der Auftragnehmer, dem Auftraggeber je Werktag des Verzuges eine Vertragsstrafe i.H.v. 0,1 % des Nettopauschalpreises (bezogen auf den Gesamtwerklohn nach § 2) zu zahlen, maximal jedoch 5% des Nettopauschalpreises.

....

3. Schlechtwetter- und Ausfalltage (...) gelten nur dann als Termin verlängernd, wenn sie vom Auftragnehmer nachgewiesen werden können.

4. Im Übrigen ist Voraussetzung für die Einhaltung der Fertigstellungsfrist durch den Auftragnehmer, dass die Auftraggeber ihre Zahlungen aufgrund dieses Vertrages fristgemäß leisten. Bei Zahlungsverzug ist der Auftragnehmer berechtigt, die Bauarbeiten einzustellen..."

Nachdem Baubeginn der 13.12.2011 war, kam es im Bauablauf zu erheblichen Verzögerungen. Am 10.10.2012 kündigte die Klägerin den Vertrag wegen Bauzeit-verzögerung. Mit ihrer Klage hat sie einen Vertragsstrafenanspruch wegen der Verzögerung geltend gemacht; sie ist insoweit von einem Verzug vom 06.08. bis zum 10.10.2012 (Zeitpunkt der Kündigung) ausgegangen. Weiterhin hat sie Fertigstellungskosten und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten verlangt, wobei sie sich insoweit die noch zu zahlenden Raten aus dem Werkvertrag anrechnen lässt.

Die Beklagte hat sich damit verteidigt, dass die Bauzeitverzögerungen nicht von ihr zu vertreten gewesen seien. Daher sei weder die Vertragsstrafe entstanden noch habe ein Grund für eine fristlose Kündigung wegen Bauzeitverzögerung bestanden. Hieran scheitere ein Schadensersatzanspruch der Klägerin.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 459ff. der Akte) Bezug genommen.

Das Landgericht hat in einem Grundurteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, nachdem es ein Sachverständigengutachten zur Frage der Bauzeitverzögerungen eingeholt und Zeugen vernommen sowie die Klägerin informatorisch angehört hat. Dabei hat das Landgericht unter Berücksichtigung von wetterbedingten und in der Sphäre der Klägerin liegenden Verzögerungen eine vertraglich geschuldete Fertigstellung bis zum 22.08.2012 angenommen und unter Berücksichtigung der Regelung des § 4 1. einen Vertragsstrafenanspruch für gegeben erachtet. Aufgrund dieser Umstände sei die außerordentliche fristlose Kündigung wegen Bauzeitverzögerungen gem. § 8 VOB/B zulässig gewesen. Eine Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach ergebe sich ebenfalls aus § 8 VOB/B.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, die ihr Ziel der Klageabweisung vollumfänglich weiterverfolgt.

Sie ist der Ansicht, ein Grundurteil sei in vorliegendem Fall unzulässig, da die Schadenspositionen substantiiert bestritten worden seien. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass es sich bei dem geltend gemachten Schaden um einen fiktiven Schaden handele, dies sei aufgrund neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung unzulässig. Hinzu komme, dass der Beklagten noch restlicher Werklohn zustehe, der einen möglichen Anspruch der Klägerin zu Fall bringe.

Sie macht weiter geltend, das erstinstanzliche Gericht habe bereits die Regelung des § 4 1. des Bauvertrages inhaltlich verkannt. Hieraus lasse sich entnehmen, dass bei Ratenzahlungsverzug der Klägerin ...

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