Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage bei Wohngebäudeversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Feststellungsklage auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes ist jedenfalls grundsätzlich zulässig, solange der Versicherungsnehmer noch das bedingungsgemäße Sachverständigenverfahren (hier: in der Wohngebäudeversicherung) verlangen kann (entgegen OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.05.2018, 3 U 244/16).

 

Normenkette

VGB 2010 § 15 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.06.2020; Aktenzeichen 2-08 O 278/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 25.01.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 30. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az. 2-30 O 10/20) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines mit der Beklagten im Policenmodell geschlossenen Lebensversicherungsvertrages (Versicherungsnummer ...) nach erklärtem Widerspruch nach § 5a VVG a.F. und begehrt darauf gestützt die Zahlung von 52.461,78 EUR, hilfsweise Auskunft. Als letzter Absatz über dem Unterschriftenfeld ist als einzige durchgängig fettgedruckte Passage des dreiseitigen Versicherungsscheins vom 29.11.2000 folgendes angegeben:

"Widerspruchsrecht:

Nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz steht Ihnen ein 14-tägiges Widerspruchsrecht zu. Die Versicherung gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Informationen als geschlossen, wenn sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen der Versicherung widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung."

Eine gleichlautende, nicht fettgedruckte Belehrung ist in § 2 der AVB für das X enthalten.

Mit Schreiben vom 19.03.2019, per Fax am 20.03.2019 übersandt, erklärte der Kläger einen entsprechenden Widerspruch und forderte die Beklagte zur Rückerstattung der geleisteten Zahlungen binnen 14 Tagen auf, was die Beklagte ablehnte.

Der Kläger hat gemeint, die Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein vom 29.11.2000 sei fehlerhaft. Die drucktechnische Hervorhebung reiche nicht aus, da sich die Belehrung in Schriftart und Schriftgröße nicht von den anderen Angaben im Versicherungsschein unterscheide. Zudem führten die fehlende Benennung des Widerspruchsempfängers sowie der fehlende Hinweis auf die Schriftform zur Unwirksamkeit der Belehrung. Schließlich sei der Fristbeginn unklar, weil die fristauslösenden Unterlagen bzw. deren Fundort nicht hinreichend genau benannt würden.

Die Beklagte hat gemeint, die Belehrung weise nur marginale Mängel auf, die nicht zur Unwirksamkeit führten. Zudem sei das Widerspruchsrecht durch verschiedene Einwirkungen des Klägers auf den Vertrag, namentlich die Erhöhung des Todesfallschutzes nach Heirat auf 100% im Jahr 2001, die Inanspruchnahme von "Beitragsferien" zwischen dem 01.12.2007 und dem 31.12.2008 und dem Widerspruch gegen die Beitragsdynamik in den Jahren 2002, 2007, 2011-2015 sowie 2017 verwirkt.

Wegen des weiteren Vortrags und der gestellten Anträge erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil, das dem Kläger am 19.02.2021 zugestellt worden ist, ein klageabweisendes Versäumnisurteil aufrechterhalten und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger wegen des fehlenden Hinweises auf das Schriftformerfordernis zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt worden, dessen Ausübung jedoch rechtsmissbräuchlich bzw. verwirkt sei. Das Umstandsmoment ergebe sich aus der optionalen Erhöhung des Todesfallschutzes ohne neue Gesundheitsprüfung.

Mit seiner am 05.03.2021 eingelegten und am 15.04.2021 begründeten Berufung trägt der Kläger vor, dass nach seiner Rechtsmeinung die Angabe "rechtzeitige Absendung" genüge, irreführend sei. Auch bei einer weiten Auslegung sei in der Wendung "rechtzeitige Absendung" gar keine Belehrung über die Form erkennbar. Es könne daher dahinstehen, ob die Information zutreffend gewesen sei. Auch die drucktechnische Hervorhebung sei nicht ausreichend. Verwirkung bzw. Rechtsmissbrauch komme ebenfalls nicht in Betracht, da er nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Er habe zudem Anspruch auf Nutzungsersatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins. Der Kläger hat zur Klärung der Frage, ob hierauf ein Widerspruchsrecht gestützt werden könne, eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angeregt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 15.02.2021 verkündeten Urteils,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 52.461,78 nebst Zinsen hier...

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