Leitsatz (amtlich)

1. Der Schadensersatzanspruch nach § 249 BGB umfasst auch den Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallsentschädigung. Der Senat teilt die Bedenken, die das Landgericht Darmstadt (Urteil vom 20.03.2019 - 23 O 132/17 - juris Rdn. 42) neuerdings an der Ersatzfähigkeit dieser Schadensposition geäußert hat, nicht.

2. Kann der Geschädigte mangels finanzieller Leistungsfähigkeit die Restitution (Reparatur oder Wiederbeschaffung) nicht betreiben, so hat er auch für die Zeit bis zur Auszahlung der geschuldeten Ersatzleistung grundsätzlich Anspruch auf Ausgleich eines tatsächlich erlittenen Nutzungsausfalls. Dies gilt auch für den Fall, dass er den Sachschaden auf Gutachtenbasis abrechnet. Eine unzulässige Vermischung von konkreter und fiktiver Abrechnung erfolgt hierdurch nicht, da es um unterschiedliche Zeitabschnitte geht (a.A. LG Saarbrücken, Urteil vom 15.05.2015 - 13 S 12/15, juris Rdn. 23).

 

Normenkette

BGB § 249

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 11 O 1/16)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.07.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (11 O 1/16) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das vorliegende und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der Kläger vor der Voll-streckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 18.07.2015 in H. auf der BAB ereignete und an dem ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug beteiligt war.

Bei dem Unfall erlitt das Fahrzeug des Klägers, ein PKW H., einen Totalschaden.

In der Berufung geht es nur noch um den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung.

Der Kläger, der nach dem Unfall seinen H. zurück zu seinem Wohnort in L. fuhr, holte ein Schadensgutachten des Sachverständigen S. vom 24.07.2015 ein.

Darin heißt es, dass sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Besichtigung - am 20.07.2015 - "in einem nicht fahrbereiten, nicht verkehrssicheren Zustand" befunden habe.

Der Sachverständige ermittelte Reparaturkosten in Höhe von 14.338,34 EUR netto, einen Wiederbeschaffungswert von 3.400,00 EUR (inkl. MwSt) und einen Restwert von 180,00 EUR (inkl. MwSt).

Mit Schreiben vom 29.07.2015 forderte der Kläger die Beklagte unter Übersendung des Schadensgutachtens zur Schadensregulierung auf und wies darauf hin, dass er zur Vorfinanzierung einer Ersatzbeschaffung aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sei und eine Notreparatur des nicht fahrbereiten Fahrzeugs nicht sinnvoll sei (Anlage K 3).

Der Kläger hat behauptet, er habe sich erst im Herbst des Jahres mithilfe eines Privatkredites ein Ersatzfahrzeug anschaffen können, das am 06.11.2015 auf ihn zugelassen worden ist.

Mit Schriftsatz vom 03.02.2016 hat der Kläger - auf Hinweis in der Verfügung des Landgerichts vom 26.01.2016 - ergänzend zu der bisherigen Nutzung des Fahrzeugs und zu seiner wirtschaftlichen Lage vorgetragen und hierzu diverse Unterlagen vorgelegt. Sein Konto habe zum Unfallzeitpunkt ein Guthaben von 14,61 EUR ausgewiesen. Das monatliche Einkommen von damals ca. 1.200,00 EUR bzw. 1.100,00 EUR sei für Mietzahlungen, Einkäufe etc. verbraucht worden. Ein nennenswertes Guthaben habe in dem Zeitraum nicht bestanden.

Die Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht, der Kläger könne schon deshalb keinen Schadensersatz verlangen, weil es sich um ein fingiertes Unfallereignis handele. In Bezug auf den geltend gemachten Nutzungsausfall hat sie insbesondere den Nutzungswillen, den Nutzungsausfall und das wirtschaftliche Unvermögen bestritten.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage - nach Anhörung des Klägers und Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen K. vom 26.09.2017 (GA 302 ff.) nebst Ergänzung vom 21.12.2017 (GA 379 ff.) - überwiegend stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung des gutachterlich festgestellten Wiederbeschaffungsaufwandes sowie einer Nutzungsausfallsentschädigung für 110 Tage - vom Schadenstag bis zum Tag der Zulassung am 06.11.2015 - zu je 43,00 EUR, mithin 4.730,00 EUR verurteilt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die das Urteil lediglich in Bezug auf die zuerkannte Nutzungsausfallentschädigung anficht.

Die Beklagte wiederholt ihr bisheriges Bestreiten. Sie ist nach wie vor der Auffassung, es fehle bereits an dem erforderlichen Nutzungswillen. Die behauptete fehlende Vorfinanzierungsmöglichkeit sei nicht hinreichend dargetan. Es fehle auch an dem tatsächlichen Nutzungsausfall. Insofern bestreitet sie auch in der Berufung, dass der verunfallte H. n...

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