Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.04.2018; Aktenzeichen I ZR 121/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Dezember 2015 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beitreibbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A) Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit diesem hat das Landgericht der Beklagten, die in den Niederlanden eine Apotheke sowie eine Versandapotheke betreibt, unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt zu werben, wie nachstehend wiedergegeben:

((Abbildungen))

Ferner hat es die Beklagte zur Zahlung von vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 178,50 EUR nebst Zinsen an den Kläger, einen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen verurteilt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage sei zulässig und begründet. Der Streitgegenstand sei nicht deshalb unbestimmt, weil der Kläger den konkreten Arzt, an den die Beklagte das angegriffene Schreiben versandt habe, nicht benannt habe. Es liege auch kein Verstoß gegen § 43 AMG vor. Die beworbene Abgabe an den Arzt beanstande der Kläger nicht; vielmehr mache er geltend, der Arzt werde zu einem Verstoß gegen § 43 AMG verleitet. Dies sei aber nicht der Fall, weil die Anwendung der beworbenen Verhütungsmittel beim Patienten kein Inverkehrbringen darstelle. Das Schreiben begründe indes eine Erstbegehungsgefahr für einen Verstoß gegen das Zuweisungsverbot in § 11 ApoG.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung. Sie vertritt weiter die Ansicht, die Klage sei so lange zu unbestimmt, so lange der Empfänger des Schreibens nicht namentlich benannt sei. Zu Recht habe das Landgericht einen Verstoß gegen § 43 AMG verneint. Im Übrigen bringe sie die beworbenen Verhütungsmittel nicht in Deutschland in den Verkehr, sondern ausschließlich in den Niederlanden. Sie verleite Ärzte auch nicht zu einem Verstoß gegen die Ärztliche Berufsordnung. Ein Verstoß gegen § 11 ApoG liege ebenfalls nicht vor. Abgesehen davon, dass der Arzt nicht Verbotsadressat sei, greife das Zuweisungsverbot jedenfalls dann nicht, wenn die Apotheke Applikationsarzneimittel wie hier direkt an den Arzt liefere. Schließlich liege auch kein Verstoß gegen § 73 AMG vor. Weiter ist sie der Ansicht, eine Erstreckung des Verbots von § 11 ApoG auf den vorliegenden Sachverhalt stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit dar. Zudem verstoße die Erstreckung eines solchen Belieferungsverbots auf sie als niederländische Apotheke gegen die Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV. Insofern regt sie hilfsweise ein Vorlageverfahren nach Art. 100 GG und weiter hilfsweise ein Vorlageverfahren an den Gerichtshof der Europäischen Union an.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrages. Er meint weiter, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das beanstandete Verhalten auch nicht mit § 43 AMG zu vereinbaren. Zumindest werde der Arzt zu einer berufsordnungswidrigen Zuweisung verleitet.

Der Senat hat mit den Parteien die Frage erörtert, ob die angegriffene Werbung nicht schon im Hinblick auf einen Verstoß gegen die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verbieten ist, worauf beide Parteien im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Sache C-148/15 vom 19.10.2016 die Auffassung vertreten haben, dass die Preisbindungsvorschriften auf die Beklagte nicht anwendbar seien.

Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

B) Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

I. Die Klage ist allerdings zulässig, insbesondere ist der Streitgegenstand hinreichend bestimmt. Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt.

(1) Der Verbotsantrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Gegner nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (std. Rspr, BGH GR...

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