Nachgehend

BGH (Beschluss vom 23.01.2024; Aktenzeichen II ZB 7/23)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers vom 11. Januar 2023 gegen den seinen Antrag auf Löschung der in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft eingetragenen Angaben seines Geburtsdatums und seines Wohnorts aus dem Handelsregister ... zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts - Registergerichts - Walsrode vom 24. November 2022 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Gegenstandswert der Beschwerde: EUR 5.000,-.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung und als solcher unter Angabe seines Wohnorts und seines Geburtsdatums seit ... 2012 im Handelsregister eingetragen.

Mit Schreiben vom ... (Bl. 9 d.A.) hat der Antragsteller beantragt, die Angaben zu seinem Geburtsdatum und zu seinem Wohnort aus dem Handelsregister zu entfernen. Zur Begründung hat er angegeben, die entsprechenden Daten seien "unter anderem im Melderegister aufgrund von Gefahren für Leib und Leben gesperrt." Mit zum Registerverfahren gelangtem Anwaltsschriftsatz an das Landgericht Verden vom 19. Januar 2023 (Bl. 26 ff. d.A.) hat er dies dahin präzisiert, seine berufliche Tätigkeit bestehe im Umgang mit Sprengstoff, so dass bei ihm die Gefahr bestehe, Opfer einer Entführung oder eines Raubes zu werden, "um die von ihm gehandhabten Sprengstoffe zu erlangen."

Das Registergericht hat den Antrag mit Beschluss vom 24. November 2022 (Bl. 12 d.A.) unter Verweis auf die verpflichtenden Vorgaben der Handelsregisterverordnung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 11. Januar 2023 (Bl. 46, 59 f. d.A.), mit der der Antragsteller sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt und um das hilfsweise Begehren ergänzt hat, eine Übermittlung von Geburtsdatum und Wohnort aus dem Handelsregister an Dritte erst nach einer Interessenabwägung vorzunehmen. Das Registergericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 13. Februar 2023 (Bl. 48 d.A.) nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Für das Begehren des Antragstellers fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

a) Soweit der Antragsteller sich auf Art. 17, 18 und 21 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO) zu stützen sucht (vgl. Beschwerdebegründung vom 7. Februar 2023, dort S. 2, Bl. 59R d.A.), vermag er damit nicht durchzudringen.

aa) Ein Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO steht dem Antragsteller gemäß § 10a Abs. 3 HGB nicht zu.

Dementsprechend ist auch Art. 18 Abs. 1 lit. d DSGVO nicht einschlägig, weil diese Bestimmung das Bestehen eines Widerspruchsrechts nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO voraussetzt.

bb) Des Weiteren ergibt sich auch aus Art. 17 Abs. 1, Abs. 2 DSGVO kein Löschungsanspruch zugunsten des Antragstellers, weil diese Bestimmungen gemäß Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO nicht gelten, soweit die Datenverarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, die die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, erfordert, notwendig ist. Eben eine solche rechtliche Verpflichtung ist hier mit Blick auf § 387 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 43 Nr. 4b HRV gegeben.

b) Auch auf § 395 FamFG vermag sich der Antragsteller nicht zu stützen. Denn die Aufnahme seines Geburtsdatums und seines Wohnorts in das Handelsregister war mit Blick auf § 387 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 43 Nr. 4b HRV nicht unzulässig im Sinne dieser Bestimmung.

2. Zweifel an der Vereinbarkeit der dem Begehren des Antragstellers entgegenstehenden Bestimmung des § 10a Abs. 3 HGB mit Verfassungs- bzw. Europarecht hat der Senat weder generell noch bezogen auf den Streitfall.

a) Die in § 10a Abs. 3 HGB vorgenommene Einschränkung der Rechte aus § 21 DSGVO ist von Art. 23 Abs. 1 lit. e DSGVO gedeckt, wonach die Pflichten und Rechte gemäß den Art. 12 - 22 DSGVO zum Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates beschränkt werden können (vgl. Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Ries, HGB, 5. Aufl. 2019, § 10a Rn. 2; Staub/Koch/Harnos, HGB, 6. Aufl. 2023, § 10a Rn. 5 f.). Dazu zählen funktionsfähige und verlässliche öffentliche Register, die für die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs unerlässlich sind (vgl. BT-Drs. 18/12611, S. 67).

Vor diesem Hintergrund ist die Regelung des § 10a Abs. 3 HGB nach einhelliger Auffassung im Schrifttum, der sich der Senat anschließt, nicht zu beanstanden. Sie dient der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Registerverkehrs (vgl. Krafka, Registerrecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 74a); ein Widerspruch gegen die Datenverarbeitung wäre mit den Publizitätsanforderungen des öffentlichen Regist...

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