Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbeschwerde. Staatsanwaltschaft. Urteilsaufhebung. Zurückverweisung. Sachrüge. Rechtsfolgenausspruch. Bußgeldbescheid. Pkw. Ampel. Lichtzeichenanlage. Fußgänger. Grünlicht. Rotlicht. Rotphase. Rotlichtverstoß. qualifiziert. innerorts. Geldbuße. Fahrverbot. Regelfahrverbot. atypisch. Ausnahme. Ausnahmesituation. Kreuzung. Kreuzungsbereich. Gefährdung. Gegenverkehr. Irrtum. Verbotsirrtum. Fahrstreifen. Fahrtrichtung. Pfeil. Markierung. Linksabbieger. Geradesausspur. Spurwechsel. Autoschlange. Vorbeifahren. Vorahndung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein bei länger als 1 Sekunde andauernder Rotphase eines innerörtlichen Wechsellichtzeichens grundsätzlich mit einem Regelfahrverbot nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. lfd.Nr. 132.3 BKat zu ahndender Verstoß ist nicht deshalb milder zu bewerten, weil der Fahrzeugführer auf einer mit mehreren Fahrspuren versehenen, durch Richtungspfeile markierten Fahrbahn mit jeweils eigener Lichtzeichenregelung nach Überfahren der Haltelinie im Kreuzungsbereich von der durch Grünlicht frei gegebenen Geradeausspur auf die durch Rotlicht gesperrte Spur für Linksabbieger überwechselt (u.a. Anschl. an BayObLG, Beschl. v. 12.02.2002 - 1 ObOWi 607/01 = DAR 2002, 173 = VRS 103 [2002], 307).
2. Die Anerkennung einer Privilegierungswirkung im Hinblick auf das in diesem Fall aufgrund der abstrakten Gefährlichkeit des Verkehrsvorgangs verwirkte Regelfahrverbot mit der Begründung, durch den Fahrspurwechsel seien andere Verkehrsteilnehmer nicht konkret gefährdet worden, ist schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil damit das Fehlen des besonderen Sanktionsschärfungsgrundes nach lfd.Nr. 132.3.1 BKat dem Betroffenen zu Unrecht zugute gebracht würde.
3. Ein Absehen von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot sowie die Herabsetzung der Regelgeldbuße wegen Fehlens einschlägiger Vorahndungen ist deshalb verfehlt, weil die in der BKatV vorgesehenen Regelsanktionen gemäß § 3 Abs. 1 BKatV von einen nicht vorgeahndeten Betroffenen ausgehen.
Normenkette
StVG §§ 24, 25 Abs. 1 S. 1, Abs. 2a; StVO § 37 Abs. 2, § 41 Abs. 1, § 49; OWiG § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 S. 1, Abs. 6; BKatV § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; BKat Nrn. 155, 132.3; BKat Nr. 132.3.1
Tenor
I.
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts vom 5. September 2018 aufgehoben.
II.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt setzte mit Bußgeldbescheid vom 01.02.2018 gegen den wegen außerhalb geschlossener Ortschaften begangenen Geschwindigkeitsübertretungen von 31 km/h und 22 km/h zweifach vorgeahndeten Betroffenen wegen einer am 24.10.2017 als Fahrer eines Pkw fahrlässig begangenen Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage bei mehr als 1 Sekunde dauernden Rotphase in Tateinheit mit Nichtfolgen der durch Pfeile vorgeschriebenen Fahrtrichtung (§§ 37 Abs. 2, 41 Abs. 1, 49 StVO, 24, 25 StVG, 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3; BKatV, Nrn. 132.3 und 155 BKat) eine Geldbuße von 305 € fest. Außerdem ordnete sie ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats nach Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG an. Nach den Feststellungen des Bußgeldbescheids war der Betroffene innerorts auf einem mit Pfeilen markierten Fahrstreifen für Geradeausfahrer unterwegs. Für die beiden mit Pfeilen markierten Linksabbiegerfahrstreifen zeigte die Lichtzeichenanlage an einer Kreuzung Rot. Der Verkehr auf diesen beiden Fahrsteifen hatte sich zurückgestaut. Der Betroffene, der nach links abbiegen wollte, passierte die wartenden Linksabbieger auf der Geradesausspur, fuhr bei für Geradeausfahrer geltendem Grünlicht in die Kreuzung ein, wechselte im Kreuzungsbereich auf einen Fahrstreifen für Linksabbieger, ließ den Gegenverkehr passieren und bog anschließend bei weiterhin für Linksabbieger geltendem Rotlicht nach links ab. Das Amtsgericht hat den Betroffenen nach Einlegung des Einspruchs, den dieser in der Hauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, zu einer Geldbuße von 55 € verurteilt. Von der Verhängung des im Bußgeldbescheid angeordneten Fahrverbots für die Dauer eines Monats hat es abgesehen. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund atypischer Umstände der Grad des vorwerfbaren Handelns als gering erscheine. Mit ihrer Rechtsbeschwerde rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Auch die Generalstaatsanwaltschaft beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Der Schriftsatz der Verteidigung vom 19.01.2019 lag dem Senat bei seiner Entscheidung vor.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte, auch sonst zulässige und infolge der wirksamen Beschränkung des Einspruchs nur noch den Rechtsfolgenausspruch betreffende Rechtsbeschwerde hat aufgrund der Sachrüge Erfolg.
1. Die Begründung, mit der das Amtsgericht abweichend vom Regelbußgeld und abweichend...