Orientierungssatz

Die für die Bestimmung des Hilfebedarfs maßgebenden Verrichtungen und den dafür erforderlichen Hilfebedarf sind abschließend in § 14 Abs 4 und § 15 Abs 3 SGB 11 festgesetzt. Nach der klaren gesetzlichen Regelung reichen nachbarschaftliche Hilfen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung für sich gesehen nicht aus, um einen Anspruch auf Pflegeleistungen nach dem SGB 11 zu begründen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Pflegegeld nach Pflegestufe I zu zahlen ist.

Der 1920 geborene Kläger stellte bei der Beklagten, bei der er pflegeversichert ist, im April 2004 einen Antrag auf Zahlung von Pflegegeld. Er sei stark hörgeschädigt, links fast taub, und benötige Hilfe im Bereich "Bewegung" und bei "Sonstigem".

Die Beklagte erteilte einen Begutachtungsauftrag an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). In einem Gutachten vom 05.07.2004 gelangte die Pflegefachkraft B zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger ein täglicher Grundpflegeaufwand von 7 Minuten (Körperpflege 5 Minuten, Ernährung 0 Minuten, Mobilität 2 Minuten) und ein Pflegebedarf in der Hauswirtschaft von täglich 45 Minuten bestehe. Derzeit allerdings nehme der Kläger die Verrichtungen der Grundpflege noch allein vor.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Pflegegeld mit Bescheid vom 27.07.2004 ab. Auf den Widerspruch des Klägers vom 03.08.2004, in dem dieser erklärte, dass die Richtlinien der Pflegeversicherung nicht das Maß aller Dinge seien, holte die Beklagte eine Stellungnahme des Arztes Dr. G (MDK N) vom 19.11.2004 ein. Der Gutachter bestätigte die bisherigen Feststellungen. Im Mai 2005 ließ die Beklagte den Kläger erneut durch den MDK untersuchen. Der Diplommediziner O vertrat in seinem Gutachten vom 09.05.2005 die Auffassung, dass der Kläger – wie er selbst betone – keinen Hilfebedarf in der Grundpflege habe. In der Hauswirtschaft hielt er einen Hilfebedarf von 17 Minuten für angemessen. Der Kläger fahre noch selbstständig mit dem Auto zum Einkaufen.

Auf der Grundlage dieses Gutachtens wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2005 zurück.

Mit der am 30.08.2005 beim Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Zahlung von Pflegegeld weiter verfolgt. Er pflege ein gutes Nachbarschaftsverhältnis. Wegen der Schwerhörigkeit und anderen Kopfoperationen werde die Kommunikation aber zunehmend schwerer. Er sei als Schwerbehinderter mit einem GdB von 100 und den Nachteilsausgleichen "G", "B", "aG" und "RF" anerkannt. Der Nachbar schaufele ihm im Winter den Schnee oder fege Laub oder Dreck weg. Andere Nachbarn würden schon mal helfen, wenn es zeitlich passe. Persönlich wolle er kein Geld. Er führe seinen Haushalt selbst und könne sich noch gut helfen. Er kämpfe für die Anerkennung der Hilfe, die sein Nachbar ihm zukommen lasse und die in keinem Fragekatalog der Pflegeversicherung zu finden sei. Es gebe viele kleine Dinge im Haushalt zu machen, die er nicht selbst vornehmen und für die er nicht gleich immer einen Handwerker rufen könne, so z. B. eine Glühlampe oder einen Starter auszuwechseln.

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 14.11.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht erheblich pflegebedürftig im Sinne von §§ 14, 15 SGB XI, da er nach den übereinstimmenden Gutachten des MDK und auch seinen eigenen Angaben keinen Pflegebedarf von mindestens 90 Minuten täglich, dabei 46 Minuten in der Grundpflege habe. Der Hilfebedarf, den der Kläger selbst angebe, sei lediglich der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen (z. B. Schnee schaufeln, Lampe reparieren). Selbst wenn dieser Hilfebedarf 90 Minuten täglich ausmache, wäre damit die fehlende Hilfe bei den Grundpflegeverrichtungen der Körperpflege, Ernährung und Mobilität nicht ausgeglichen. Der Gesetzgeber habe bewusst und ausdrücklich einen Mindestgrundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich festgeschrieben. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger nicht.

Gegen das ihm am 15.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.01.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er erneut betont, die Tätigkeiten des Waschens bzw. der Körperpflege allein vornehmen zu können. Er habe schon oft beschrieben, dass er Mini-Dienste und Hilfe in kleinem Ausmaß benötige wie z. B. das Schneeschippen. Alles spreche von Reformen. Sein Vorschlag sei, dass der MDK in seinem Fragekatalog vor der Pflegestufe I eine Mini-Stufe einbringe, in der kleine aber wichtige Hilfeleistungen mit geringem Obolus abgegolten würden. Im Übrigen hat er erneut auf seinen Schwerbehindertenausweis hingewiesen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.11.2005 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Bescheides vom 27.07.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2005 zu verurteilen, ihm Pflegegeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Pflegebedürftigkeitsr...

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