Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeitanteiliges Arbeitsentgelt des Teilzeitbeschäftigten i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG. Zulässige Quotierung der Leistungen aus einem Pensionsplan im Verhältnis der Teilzeit- zur Vollzeitarbeit. Sachliche Rechtfertigung für eine Benachteiligung des Teilzeitbeschäftigten im Bereich der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Beklagten besteht ein Versorgungswerk, wonach bei Teilzeitbeschäftigten für die Rentenberechnung das Beschäftigungsvolumen der letzten 10 Dienstjahre maßgeblich ist. Die Klägerin war ab 1984 in Vollzeit beschäftigt und ab 2005 mit 17,5 Stunden/Woche. Sie hat erfolglos gemeint, dass die Regelung, die ihre Vollzeitbeschäftigung unberücksichtigt lässt, gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verstößt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine solche Regelung vielmehr zulässig und unionsrechtskonform. Eine Diskriminierung wegen des Geschlechts lag im Übrigen auch nicht vor.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 4 Absatz 1 Satz 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Teilzeitarbeit unterscheidet sich von der Vollzeitarbeit also nur in quantitativer, nicht in qualitativer Hinsicht.

2. Teilzeitbeschäftigte können keine gleich hohen Leistungen aus einem Pensionsplan fordern wie Vollzeitbeschäftigte. Es ist zulässig, solche Leistungen anteilig nach dem Beschäftigungsumfang im Vergleich zu einem Vollzeitarbeitnehmer mit gleicher Dauer der Betriebszugehörigkeit zu erbringen.

3. Eine Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten kann sachlich gerechtfertigt sein, wenn dafür ein sachlicher Grund besteht, der sich aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Bei der betrieblichen Altersversorgung wird das Versorgungsniveau nicht durch bestimmte Dienstjahre "verdient", sondern durch die Betriebszugehörigkeit im gesamten Arbeitsverhältnis erreicht. So kann die "Vollrente" durch den Beschäftigungsgrad reduziert werden, auch unter Zugrundelegung eines angemessenen "Pro-rata-temporis-Grundsatzes".

 

Normenkette

BetrAVG § 1; TzBfG § 4 Abs. 1; AGG §§ 1, 3 Abs. 2, §§ 7, 3 Abs. 1, 3, § 7 Abs. 1; BetrVG § 75 Abs. 1; RL für die Gewährung von Versorgungsleistungen § 10 Nr. 5 Fassung: 1995-12-14

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Entscheidung vom 12.05.2021; Aktenzeichen 1 Ca 1781/20)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.06.2023; Aktenzeichen 3 AZR 221/22)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 12.05.2021 - 1 Ca 1781/20 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin.

Die am 00.00.1964 geborene Klägerin war ab 00.00.1984 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in Vollzeit am Standort S. beschäftigt. Ab dem 00.00.2005 reduzierte die Klägerin ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 auf 17,5 Stunden. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 30.09.2020 aufgrund eines Aufhebungsvertrags vom 15.06.2020 (Bl. 73 - 81 d.A.).

Eine Rechtsvorgängerin der Beklagten wandte für die am Standort S. Beschäftigten eine Richtlinie vom 14.12.1995 für die Gewährung von Versorgungsleistungen (Bl. 36 - 48 d.A.) an, die nach einer zwischen der Beklagten und dem bei ihr gebildeten Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung vom 30.06.1998 (Bl. 49 d.A.) weiter galt.

Die Richtlinie lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 2 Versorgungsberechtigte

1. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter des Unternehmens - ausgenommen jedoch die nachfolgend in Ziffer 2 genannten Mitarbeiter/-innen - erwirbt mit dem Beginn seines Arbeitsverhältnisses, frühestens jedoch mit Vollendung des 20. Lebensjahres, eine Anwartschaft auf betriebliche Versorgungsleistungen; dieser Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Versorgungszusage gemäß § 1 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 (BetrAVG).

[...]

§ 4 Unverfallbare Anwartschaften

1. Vor Eintritt des Versorgungsfalles ausgeschiedene Mitarbeiter/-innen, behalten gemäß § 1 BetrAVG ihre Anwartschaft auf Versorgungsleistungen, sofern sie bei ihrem Ausscheiden mindestens das 35. Lebensjahr vollendet haben und

- entweder die Versorgungszusage mindestens 10 Jahre bestanden hat oder

[...]

Höhe der Renten

§ 10 Höhe der Alters-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente

1. Rentenformel

Die monatliche Alters-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente errechnet sich aus der Formel

Festrentenbetrag x Dienstjahre

Bei vorzeitiger Altersrente wird ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgenommen.

2. Festrentenbetrag

a) Der Festrentenbetrag wird errechnet nach der Formel

Rentenfähiges Einkommen

------------------------- x Renteneckwert

Beitragsbemessungsgrenze

[...]

c) Rentenfähiges Ein...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge