Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines dauererkrankten Arbeitnehmers auf Abgeltung nicht gewährten Urlaubs

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelfall zum Verfall des Urlaubsanspruchs einer dauererkrankten Arbeitnehmerin mit Ablauf des 15. Monats nach Ende des Urlaubsjahres.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Geld setzt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus.

2. Ist ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seine Arbeitsleistung gehindert, so gehen seine gesetzlichen Urlaubsansprüche mit Ablauf des 31.03. des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres unter (BAG - 9 AZR 170/14 - 22.09.2015).

3. Das gilt auch für über den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch hinausgehende Urlaubstage, wenn die Vertragsparteien im Arbeitsvertrag zu erkennen gegeben haben, dass für den gesamten im Arbeitsvertrag zugesprochenen Erholungsurlaub das gesetzliche Urlaubsregime gelten soll.

 

Normenkette

BUrlG §§ 3, 7; SGB IX § 208

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Entscheidung vom 28.09.2017; Aktenzeichen 8 Ca 3086/17 d)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 28.09.2017 in Sachen 8 Ca 3086/17 d wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Forderung der Klägerin nach Urlaubsabgeltung für das Kalenderjahr 2014.

Die am 1966 geborene Klägerin war seit dem 01.07.2010 bei der Beklagten als Sanitätshausfachverkäuferin beschäftigt. Sie verdiente 2.100,- EUR brutto monatlich. Arbeitsvertraglich war ein Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Arbeitstagen vereinbart. § 8 Abs. 4 des Arbeitsvertrages lautet:

"Der Urlaub ist im jeweiligen Kalenderjahr zu nehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen oder krankheitsbedingt nicht möglich, kann der Urlaubsanspruch durch den Arbeitgeber auf das nächstfolgende Kalenderjahr übertragen werden und ist dann bis spätestens 31. März des folgenden Kalenderjahres, gleich aus welchen Gründen, nicht genommen, verfällt der Anspruch." (Bl. 6 d. A.)

Die Klägerin wurde mit Bescheid vom 12.01.2015 rückwirkend zum 17.02.2014 als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 % anerkannt. Aufgrund eines Bescheides vom 29.11.2016 bezieht die Klägerin mit Wirkung seit 01.08.2014 volle Erwerbsminderungsrente als Dauerrente. Die Klägerin beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Eigenkündigung zum 31.07.2017.

Die Klägerin war im Kalenderjahr 2014 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Dieser Zustand blieb bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahre 2017 unverändert bestehen.

Mit der vorliegenden, am 24.04.2015 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Abgeltung von 35 Urlaubstagen für das Jahr 2014 (30 Urlaubstage laut Arbeitsvertrag + 5 Tage Schwerbehindertenzusatzurlaub).

Das Arbeitsgericht Aachen hat mit Urteil vom 28.09.2017 die Klage abgewiesen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 23.11.2017 zugestellt. Sie hat hiergegen am 30.11.2017 Berufung eingelegt und diese am 29.12.2017 begründet.

In der Berufungsinstanz verfolgt die Klägerin ihren Urlaubsabgeltungsanspruch für das Jahr 2014 weiter. Sie meint, der Urlaubsanspruch 2014 sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verfallen gewesen.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen, verkündet am 28.09.2017 und zugestellt am 28.11.2017 zu Aktenzeichen 8 Ca 3086/17 d, abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen, nämlich

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.394,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2015 zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift der Klägerin und der Berufungserwiderungsschrift der Beklagten wird ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 28.09.2017 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen formgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Klägerin konnte jedoch ersichtlich keinen Erfolg haben.

1. Im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2015 war die Forderung der Klägerin, den Jahresurlaub 2014 in Geld abzugelten, offensichtlich unschlüssig.

a. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung in Geld ist in § 7 Abs. 4 BUrlG geregelt. Er dient dazu, einem Arbeitnehmer/einer Arbeitnehmerin einen Ausgleich in Geld zu verschaffen, wenn zu seinen/ihren Gunsten im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaubsansprüche offenstanden, die wegen der Beendigung in natura nicht mehr genommen werden konnten. Jeder Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Geld setzt somit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Im Zeitpunkt der Klageerhebung im Frühjahr 2015 bestand das Arbeitsverhältni...

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