Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit von Beschlussfassungen online durch Betriebsrat. Software Cisco Webex als rechtmäßiges System zur Durchführung von Betriebsratssitzungen. Kein Verstoß gegen elementare Grundsätze des Datenschutzes bei Cisco Webex. Berücksichtigung von Umkleidezeiten als Arbeitszeit im Rahmen der Schichtplanung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs bei Nutzung des Konferenzsystems Cisco Webex.

2. Zur Festlegung von betrieblichen Umkleidezeiten als Arbeitszeit iSd. Betriebsverfassungsgesetzes.

 

Normenkette

BetrVG § 76 Abs. 5 S. 4, § 87 Abs. 1, § 129; DSGVO Art. 44 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 13.01.2020; Aktenzeichen 2 BV 83/20)

 

Tenor

  • I.

    Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 13.01.2021 - 2 BV 83/20 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs zur Dienstplanung im Innendienst.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen für Geld- und Werttransporte mit deutschlandweit ca. 4.500 Arbeitnehmern. In ihrer K Niederlassung sind mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeitgeberin ist tarifgebundenes Mitglied in der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste e.V., die mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vereinbart hat, dass der Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 01.12.2006 (MRTV) für die Geld- und Wertdienste Gültigkeit hat. Gemäß § 4Nr. 1 MRTV beginnt der Dienst mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Übergabe der Arbeitsmittel und endet mit der Beendigung der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Rückgabe der Arbeitsmittel. Betriebsrat und Arbeitgeber können im Einzelfall abweichend von dieser Regelung den Dienstbeginn und das Dienstende in einer Betriebsvereinbarung regeln.

Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten bei der Aufstellung von Regelungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und zur vorübergehenden Verkürzung bzw. Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit des Innendienstes im K Betrieb führten die Arbeitgeberin und der Betriebsrat der K Niederlassung ein Einigungsstellenverfahren mit dem Regelungsgegenstand "Dienstplan Innendienst/Beginn und Ende der Arbeitszeit" durch. Die erste Sitzung der Einigungsstelle erfolgte als Präsenzsitzung, die zweite Sitzung wurde am 14.05.2020 pandemiebedingt mit Zustimmung der Beteiligten als Videokonferenz mit der Software C W durchgeführt. Da keine Einigung erzielt werden konnte, erging in der zweiten Sitzung ein Spruch in Form der "Betriebsvereinbarung Dienstplanung Innendienst", wegen dessen näheren Inhalts auf Bl. 9 bis 14 der Akte Bezug genommen wird. Gemäß der Präambel regelt die Betriebsvereinbarung die Zusammenarbeit zwischen Niederlassungsleitung und dem Betriebsrat über die Aufstellung von Dienstplänen im Bereich Innendienst. Grundlage für die Dienstplanung sind gemäß § 2 Nr. 4 der Betriebsvereinbarung eine durchschnittliche monatliche Arbeitszeit nach dem einschlägigen Tarifvertrag und die Festlegung der Einsatztage an den Werktagen von Montag bis Samstag auf der Grundlage einer 5-Tage-Woche.

§ 4 der Betriebsvereinbarung sieht für die einzelnen Bereiche im Innendienst, für den die Arbeitgeberin das Tragen von Dienstkleidung vorschreibt, bestimmte Schichtzeiten vor und enthält in § 4 Nr. 1 Abs. 2 und 3 der Betriebsvereinbarung folgende Regelung:

"Die nachfolgend geregelten Arbeitszeiten beginnen mit dem Anlegen der Dienstkleidung im Betrieb und enden, wenn die Dienstkleidung im Betrieb abgelegt wird. Für Arbeitnehmer, die sich entscheiden, sich nicht im Betrieb umzuziehen, beginnt und endet die Arbeitszeit mit Aufnahme bzw. Beendigung der Tätigkeit.

Dadurch ist die Mitbestimmung der Arbeitszeit im Sinne von § 87 Abs.1 Nr. 2 BetrVG geregelt. Die Frage der Vergütungspflicht der Umkleidezeit bleibt hiervon unberührt."

Der Einigungsstellenbeschluss wurde der Antragstellerin am 20.05.2020 zugeleitet.

Mit ihrer am 03.06.2020 bei dem Arbeitsgericht Köln eingereichten Antragsschrift macht die Arbeitgeberin die Unwirksamkeit des Beschlusses geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Einigungsstelle nicht per Videokonferenz hätte tagen und entscheiden dürfen. Zudem habe die Einigungsstelle ihre Kompetenz überschritten, da sie eine Regelung zum An- und Ablegen von Dienstkleidung getroffen habe, die nicht § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG unterliege, sondern § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zuzuordnen sei. Zudem würde der Einigungsstellenspruch nicht nach Art und Beschaffenheit der Dienstkleidung unterscheiden und so praktisch Umkleidevorgänge in beliebiger Länge ermöglichen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle "Betriebsvereinbarung Dienstplanung Innendienst" vom 14.05.2020 gemäß der Spruchvorlage unwirksam ist;
  2. ...

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