Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 28.08.1997; Aktenzeichen 5 Ca 484/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. August 1997 – 5 Ca 484/96 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die mit Schreiben vom 14. Oktober 1996 erklärte fristlose Kündigung der Beklagten aufgelöst ist.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Restaurantleiter weiterzubeschäftigen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
  4. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten unter dem 14. Oktober 1996 ausgesprochenen fristlosen Kündigung.

Der am 17. Februar 1956 geborene Kläger ist seit dem 08. Oktober 1976 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zu einem Bruttoverdienst von zuletzt ca. DM 4.000,– tätig. Der Kläger ist seiner inzwischen geschiedenen Ehefrau und seihen 4 Kindern im Alter von 10, 12, 14 und 23 Jahren, die noch zur Schule gehen bzw. die Ausbildung nicht abgeschlossen haben, unterhaltsverpflichtet.

Der Kläger ist seit etwa 18 Jahren als Restaurantleiter eingesetzt. Auf den letzten Arbeitsvertrag vom 31. August 1992 (Anlage B 1, Bl. 13 d.A.) wird verwiesen. Nach dem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrag ist der Kläger nur noch aus wichtigem Grund kündbar.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 1996 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats fristlos gekündigt (Anlage K 1, Bl. 4 f d.A.), weil der Kläger in dem dringenden Verdacht gestanden habe, sich während seines Einsatzes als Restaurantleiter am 27. September 1996 unredlich verhalten zu haben, indem er einzelne Bestellungen ohne vorherige Bonierung verkauft bzw. serviert habe. Auf das Kündigungsschreiben wird insgesamt Bezug genommen. Desgleichen wird auf die „Betriebsratsvorlage” vom 08. Oktober 1996 gemäß Anlagenkonvolut Anlage B 2 mit Anlagen B 2 a bis B 2 c (Bl. 14 ff d.A.) sowie das Widerspruchsschreiben des Betriebsrats vom 11. Oktober 1996 (Anlage K 2, Bl. 6 d.A.) verwiesen.

Der Kläger war am 27. September 1996 als Restaurantleiter im ICE 784 im Team mit dem Treff-Steward … und der Küchenstewardess … eingesetzt. Jedes der im ICE-Bordrestaurant eingesetzten Teammitglieder kann Bestellungen entgegennehmen, servieren und kassieren. Das Bordrestaurant verfügt über eine Datenkasse, bezüglich deren Verwendung das Handbuch „Bordrestaurant” Vorschriften enthält, die u.a. bestimmen, dass jeder Verkauf vor Ausgabe der Ware in die Datenkasse einzugeben ist, dass die Abgabe von Waren ohne vorheriges Bonieren nicht erlaubt ist und über sämtliche Artikel vor dem Kassieren aus der Datenkasse Rechnungen abzurufen und dem Gast auszuhändigen sind (Anlage B 3, Bl. 44 d.A.)

Auf dem Streckenabschnitt Nürnberg-Würzburg wurde am 27. September 1996 um 15.45 Uhr eine Revision durch den Revisor … durchgeführt, nachdem sich zuvor die Revisorin … von ca. 14.00 bis gegen 15.00 Uhr zwecks Einnahme von Speisen und Getränken und Beobachtung der Servicemitarbeiter im Bordrestaurant aufgehalten hatte. Der Revisor … ließ sich von der Datenkasse die Kontrollberichte gemäß Anlagenkonvolut B 5 (Bl. 46 ff d.A.) ausdrucken und hatte ein kurzes Gespräch mit dem Kläger. Über die Revision erstellte er den F-Revisionsbericht A 175/96 gemäß Anlage B 2 b (Bl. 17 f d.A.). Nachdem die Niederlassung Hamburg der Beklagten per Telefax am 30. September 1996 von dem Inhalt des Revisionsberichts Kenntnis erhalten hatte, wurde der Kläger aufgrund des Verdachts des unredlichen Verhaltens vom Dienst suspendiert und für den 02. Oktober 1996 in die Personalabteilung bestellt. Nach Überlassung einer Kopie des F-Revisionsberichtes 175/96 sowie der Einzelbonierungsliste gemäß Anlage B 6 (Bl. 51 ff d.A.) wurde ihm Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 04. Oktober 1996 eingeräumt. Nach entsprechend gewährter Fristverlängerung überreichte der Kläger seine Stellungnahme vom 07. Oktober 1996 (Anlage B 2 c, Bl. 21 fd.A.).

Die Personalakte des Klägers enthält weder Ermahnungen noch Abmahnungen bzw. sonstige den Kläger belastende Unterlagen, wohl aber diverse Belobigungen. Nach einer Betriebsvereinbarung vom 06. Juli 1995 (Anlage BfB 5, Bl, 202 f d.A.) sind Abmahnungen außer bei einschlägigen Wiederholungen nach gleichartigen Pflichtverletzungen in der Regel nach zwei Jahren aus der Personalakte zu entfernen. Nach vom Kläger bestrittenem Vortrag der Beklagten soll der Kläger wegen eines Bonierungsverstoßes jeweils am 26. Dezember 1993 und 28. August 1996 mündlich ermahnt worden sein.

Der Kläger hat mit der fristgerecht eingereichten Kündigungsschutzklage die Rechtmäßigkeit der Kündigung in Zweifel gezogen.

Der Kläger hat vorgetragen,

er habe sich nichts zuschulden kommen lassen, sich vielmehr seit nunmehr 20 Jahren unbeanstandet, loyal und erfolgreich für die Belange der Beklagten eingesetzt. Selbst wenn der eine oder andere Bonierungsverstoß unterstellt würde, sei darauf die fristlose Kündigung ...

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