Entscheidungsstichwort (Thema)

Leitender Angestellter. Betriebsratsanhörung. Vertragliche Stellung. Tatsächliche Stellung

 

Leitsatz (redaktionell)

Leitender Angestellter ist, wer eine nach Dienstvertrag und Dienststellung im Außen- und Innenverhältnis eingeräumte Befugnis hat, gegenüber dem Arbeitgeber eigenverantwortlich über Einstellung und Entlassung einer nicht unbedeutenden Anzahl von Arbeitnehmern des Betriebs zu entscheiden. Es muss dabei eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern erfasst sein und die Personalkompetenz muss einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen. Ein nur kleiner, eng umgrenzter Personenkreis genügt hierbei nicht.

 

Normenkette

BetrVG § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, § 102 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 17.01.2002; Aktenzeichen 8 Ca 330/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. Januar 2002 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 28. Februar 2002 – 8 Ca 330/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren nur noch über die Rechtswirksamkeit einer fristgerechten Arbeitgeberkündigung vom 03. Januar 2002 zum 31. Dezember 2003. Die Beklagte hat die gegen die ausgeurteilten Zahlungsansprüche sowie die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Arbeitgeberkündigung vom 19. Juni 2001 gerichtete Berufung zurückgenommen.

Der 1949 geborene und bereits seit dem 01. April 1968 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der P. GmbH (zuk. P. GmbH) beschäftigte Kläger, der zuvor langjährig Mitglied des Betriebsrates bzw. Betriebsratsvorsitzender gewesen war, bekleidete auf der Grundlage des mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten unter dem 26. April 1995 geschlossenen Dienstvertrages nebst Vereinbarung vom 01. Mai 1997 (Anl. K 1 des den Kläger betreffenden Anlagenkonvoluts) mit Wirkung ab 01. Mai 1995 die Stelle eines Leiters Personalwesen. In § 1 Ziffer 2 Satz 2 des Dienstvertrages heißt es: „Seine Aufgaben im einzelnen bestimmen sich nach dem für ihn jeweils maßgebenden Katalog der Hauptaufgaben, die mit dem Geschäftsführer der P. GmbH abgestimmt werden”. Als Dienstbeginn galt der 01. April 1968. Vertraglich war eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Ende eines Kalenderjahres vereinbart, wobei eine Kündigung vor dem 01. Januar 2002 ausgeschlossen war. Vereinbarungsgemäß erhielt der Kläger eine Jahresvergütung von insgesamt DM 250.000,00 sowie zwei als Tantieme bezeichnete Zahlungen von jeweils DM 20.000,00 pro Jahr. Der Kläger war damals unmittelbar der Geschäftsführung der P. GmbH unterstellt. Als Personalleiter für einen Betrieb mit ca. 3000 Mitarbeitern oblag ihm u.a. die gesamte Betreuung des Personalwesens nebst Personalentwicklung und die Zuständigkeit für die Lohn- und Gehaltsbuchhaltung.

Nachdem die Beklagte am 01. Februar 1998 Inhaberin der Geschäftsanteile der P. GmbH und der dazugehörigen H. GmbH (H. GmbH) geworden war und bereits mit Schreiben vom 25. Februar 1998 hinsichtlich des Aufgaben- und Funktionsbereichs des Klägers erhebliche Veränderungen veranlasst wurden – so wurde der Kläger durch die damit einhergehende Umstrukturierung zwar weiterhin disziplinarisch einem Geschäftsführer unterstellt, erhielt jedoch die Weisung, sich fachlich der damaligen Personalleiterin der Sparte Großhandel/selbstständiger Einzelhandel der S. AG zu unterstellen – wurde der Kläger ab Anfang März 1998 vorläufig von der Arbeit unter Fortzahlung seiner Bezüge freigestellt. Im Mai 1998 wurde die Freistellung widerrufen und der Kläger hatte bis Ende Juni auf besondere Weisung der Beklagten hin ein so genanntes Einarbeitungs- und Informationsprogramm zu durchlaufen. Während der Zeit der Freistellung und der „Einarbeitung” begann die Beklagte, den Aufgabenbereich des Klägers schrittweise einzuschränken, indem u.a. die Einstellungs- und Unterschriftenbefugnis auf andere Bereiche übertragen wurde. Der Kläger war fortan auch nicht mehr zu Verhandlungen und Vereinbarungen mit dem Betriebsrat befugt. Nach einem Urlaub begann die Herauslösung der Abteilung Aus- und Weiterbildung, sodass Auszubildende ohne Beteiligung oder Information des Klägers eingestellt wurden. Letztlich wurden 25 der vom Kläger ursprünglich zu betreuenden 155 Filialen der P. GmbH ausgegliedert und ohne seine Einbeziehung auf eine Vertriebsebene der S. AG übertragen. Mit Wirkung zum 01. August 1998 ging das Arbeitsverhältnis auf Grund Betriebsüberganges mit Zustimmung des Klägers auf die Beklagte über. Als Personalleiter der P. GmbH bzw. nunmehr der Beklagten wurde er bei den sich anschließenden Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan für die ehemaligen Mitarbeiter der P. GmbH nicht beteiligt.

Mit Schreiben vom 03. August 1998 wurde dem Kläger eine außerordentliche Änderungskündigung zum 31. März 1999 und danach im Hinblick auf einen inzwischen vom Kläger gestellten Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter nach Zustimmung der Hauptfürsorg...

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