Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Bankangestellten wegen Vornahme von Buchungen zu Ihren Gunsten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine entgegen hausinternen Richtlinien und Anweisungen vorgenommene Buchung einer Bankangestellten zu ihren Gunsten stellt eine erhebliche Pflichtverletzung dar.

2. Dies rechtfertigt jedoch jedenfalls dann nicht die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern ist zunächst nur mit einer Abmahnung zu ahnden, wenn die Bankangestellte über ein Konto ihrer Mutter, über das sie Generalvollmacht hat, zu ihren Gunsten verfügt hat.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Entscheidung vom 02.06.2014; Aktenzeichen 4 Ca 142/14 lev)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 02.06.2014 - 4 Ca 142/14 lev - wird einschließlich des Auflösungsantrags der Beklagten kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die 50-jährige Klägerin ist bei der Beklagten aufgrund Anstellungsvertrag vom 26.03.2008 seit dem 01.04.2008 zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt durchschnittlich 5.400,00 € beschäftigt. Sie wurde in die Gruppe E 12 Stufe 5 eingruppiert.

Ihr wurde die Abteilung Marktservice mit den Bereichen Vertriebsunterstützung Passiv und Dienstleistungen (VPD), Darlehensbuchhaltung, Zahlungsverkehr und Depotbuchhaltung übertragen. Wegen der Aufgabenschwerpunkte wird auf das Zwischenzeugnis vom 05.03.2010 (Bl. 154 d.A.) Bezug genommen. Ihr waren drei Teams mit insgesamt 28 Mitarbeitern, die von drei Teamleitern geführt wurden, unterstellt. Im Zuge einer Umstrukturierung entfielen die Aufgaben Darlehens- und Depotbuchhaltung. Die Zahl der unterstellten Mitarbeiter nahm ab.

Bei der Einstellung bestätigte die Klägerin in der Niederschrift vom 01.04.2008 u.a., dass ihr die Dienstanweisungen für Mitarbeiter der Sparkasse M. eröffnet worden seien (vgl. Anlage HNH 17, Bl. 158 d.A.). Zudem wurde die Klägerin über Geschäfts- und Arbeitsanweisungen per Push-E-Mail informiert. Sämtliche Geschäfts- und Arbeitsanweisungen waren im Intranet der Sparkasse M. einsehbar.

Die Klägerin nahm im Zeitraum vom 04.05.2010 bis zum 18.06.2012 insgesamt 33 Verfügungen über das Konto ihrer Mutter vor. Sie buchte Beträge zwischen 500,00 € und 12.000,00 € vom Sparbuch ihrer Mutter auf andere Konten um, davon 29 Mal auf ihr eigenes Konto, drei Mal auf das Konto ihrer Mutter und in einem Fall auf das Sparbuch ihrer minderjährigen Tochter. Diese Verfügungen erfolgten online. Wegen der einzelnen Verfügungen wird auf den Prüfbericht der Beklagten (Anlage HNH 1 Bl. 40 d.A.) Bezug genommen. Die Zahlungsvorgänge wurden von einem zweiten Mitarbeiter freigegeben.

Die Klägerin verfügte über eine Generalvollmacht ihrer Mutter, die sie auch zu Verfügungen über das Konto der Mutter ermächtigte. Sowohl die Mutter der Klägerin als auch die Klägerin selbst waren bereits vor der Begründung des Arbeitsverhältnisses Kundinnen der Beklagten.

Bei der Beklagten bestehen zahlreiche Anweisungen zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Danach dürfen Geschäfte für Dritte nicht über das eigene Konto vorgenommen und abgewickelt werden (Ziffer 6.3 der Geschäftsanweisung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkasse M.; Dokumentennummer 01670440), die bis zum April 2012 galt (Anlage HNH 2, Bl. 48 bis 51 d.A.). Mitarbeiter der Sparkasse dürfen in eigenen Angelegenheiten weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung ihnen selbst, ihrem Ehegatten oder Verwandten bis zum dritten Grad bzw. Verschwägerten bis zum zweiten Grad oder einer kraft gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Vollmacht vertretenden Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann (Ziffer 1.6 dieser Geschäftsanweisung). Die vorgenannte Geschäftsanweisung wurde durch die Dienstanweisung für Beschäftigte der Sparkasse M. (Anlage HNH 3, Bl. 52 bis 57 d. A.) abgelöst, deren § 2 Abs. 4 vorsieht, dass Beschäftigte der Sparkasse nicht in Angelegenheiten mitwirken dürfen, in denen sie befangen sind. Zudem dürfen Verfügungen über Spareinlagen grundsätzlich nur bei Vorlage des Sparbuches erfolgen (Arbeitsanweisung "Spareinlage: Verfügungen/Auflösung-Allgemeines"; ersetzt durch die Arbeitsanweisung "Einlagengeschäft"; Anlage HNH 4, Bl. 58-60; Anlage HNH 5, Bl. 61 ff.). Zudem sind nach der Arbeitsanweisung "Vollmachten/ Generalvollmacht", Generalvollmachten nur über die in der Datenbank der Beklagten hinterlegten Formulare zu erfassen.

Die Beklagte erhielt von den Buchungsvorgängen auf Nachfrage eines Erben der zwischenzeitlich verstorbenen Mutter der Klägerin Kenntnis, der Buchungsvorgänge auf dem Sparbuch der verstorbenen Mutter hinterfragte. Daraufhin beauftragte die Beklagte ihre Revision mit der Überprüfung der Verfügungen. Nach Erhalt des Prüfungsberichtes (Anlage HNH 1, Bl. 40 - 47 d. A.) wurde die Klägerin am 23.01.2014 zu den Vorwürfen befragt. Sie verwies auch schriftlich darauf, dass ihr die "dazu gehörige Arbeitsanweisung bekannt ge...

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