Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksame Stichtagsregelung für Bonuszahlung. Bonuszahlung nur bei Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. unangemessen. Anspruch auf Bonuszahlung bei unterjährigem Ausscheiden. Anspruch auf Bonuszahlung bei Erreichen wirtschaftlichen Unternehmenserfolgs. Bonus für geleistete Arbeit (Zielerreichung)

 

Leitsatz (amtlich)

Eine formularmäßige Regelung, nach der ein Anspruch auf eine Bonuszahlung, die ausschließlich vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängt, nur dann besteht, wenn der Arbeitnehmer am 31.12. beschäftigt ist, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB unwirksam. Bei unterjährigem Ausscheiden besteht der Anspruch auf die Bonuszahlung anteilig pro rata temporis.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1, § 611a Abs. 2; GG Art. 12 Abs. 1; ZPO § 92 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 15.03.2021; Aktenzeichen 5 Ca 139/20)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kn. Offenburg -vom 15.03.2021 - 5 Ca 139/20 - teilweise abgeändert:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.656,85 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.03.2020 zu bezahlen.
    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    3. Die Parteien tragen die Kosten je zur Hälfte.
  • II.

    Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

  • III.

    Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufung zuletzt über eine Bonuszahlung für das Jahr 2019 in Höhe von 18.209,13 Euro und einer sogenannte "Rekord - Prämie" in Höhe von 700,00 Euro.

Der Kläger war bei der Beklagten, die zur I. Gruppe gehört, vom 1. April 2017 bis einschließlich 30. September 2019 als leitender Angestellter mit der Bezeichnung "HR Manager WareWash International" (übersetzt: Leiter des Bereichs Personalwesen Bereich Spültechnik International) beschäftigt (vgl. Anstellungsvertrag der Parteien, Anlage K 1, Blatt 15 bis 22 der Akte). Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund ordentlicher Kündigung des Klägers, datiert vom 5. März 2019, mit Ablauf des 30. September 2019 (vgl. Anlage K 7, Blatt 28 der Akte). Eine vom Kläger angestrebte Vereinbarung vorzeitiger Beendigung kam nicht zustande.

Die monatliche Vergütung des Klägers betrug zuletzt EUR 9.594,00 brutto, zuzgl. eines monatlichen "Ausgleich Dienstwagen" in Höhe von EUR 970,00 brutto, arbeitgeberseitige vermögenswirksame Leistungen in Höhe von EUR 26,59 brutto sowie einen Arbeitgeberzuschuss zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von EUR 23,09 brutto (vgl. Entgeltabrechnung für Februar 2019, Anlage K 3, Blatt 24 der Akte; Schreiben der Beklagten aus Februar 2019, Anlage K 4, Blatt 24 der Akte).

Die Vertragsklausel zur variablen Vergütung lautet wie folgt:

"§ 28 VERSCHIEDENES

Der Angestellte erhält bereits im ersten Jahr der Beschäftigung Weihnachtsgeld in Höhe von 60% eines Bruttomonatsentgelts; anteilig des Eintritts.

Der Angestellte trifft gemeinsam mit seinem Vorgesetzten eine Zielvereinbarung. Der Angestellte erhält P&O-Faktoren in Höhe von maximal 20% des Bruttojahresverdienstes (ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld) anteilig der Zielerreichung. Im Übrigen gelten die jeweils gültigen I.-Richtlinien. ..."

P&O bedeutet "Profit & Objectives" (übersetzt: Ergebnis und Komponenten/Bestandteile). Damit sind die persönlichen durch den Angestellten mit der Beklagten zu vereinbarenden Faktoren für die Bonusberechnung bezeichnet.

Im Jahr 2018 vereinbarten die Parteien am 12. April 2018 eine Vertragsänderung, bezeichnet mit "P&O to MIP conversion" und "Management Incentive Plan Change Summary" (übersetzt: Zusammenfassung der Änderung(en) des Management-Anreizplans), in der es heißt: "Taking the existing contract of employment as a basis the following modification is agreed:" (Anlage K 2, Blatt 23 der Akte, Seite 4 des arbeitsgerichtlichen Urteils). Der Kläger hat die Vereinbarung zweifach gezeichnet, einmal für den Arbeitgeber und einmal als Arbeitnehmer. Bezüglich des Management Incentive Plan Change Summary ist dort geregelt:

P&O Cash Compensation

MIP Cash Compensation

P&O Payout at Target Performance

P&O Payout at Maximum Performance

MIP Payout at Target Performance

MIP Payout at Maximum Performance

Base Salary

111.240

111.240

111.240

111.240

Maximum P&O Opportunity %

20 %

20 %

-

-

Target MIP %

-

-

16 %

16%

Achievement %

80 %

105%

100%

200 %

Incentive Payout Amount

17.798

23.360

17.798

35.597

Total Target Cash

129.038

134.600

129.038

146.837

Ferner heißt es in dieser Vereinbarung:

The bonus calculation is based on the current requirements of the I. management incentive plan (MIP). (Die Bonusberechnung basiert auf den aktuellen Anforderungen des I. Management Incentive Plan (MIP)).

In dem "2018 Management Incentive Plan (MIP)" (Anlage B 4, Abl 98 der arbeitsgerichtlichen Akte - zukünftig "2018 MIP") heißt es u.a.:

Verwaltung der Prämien

- Kriterien für die Berechtigung

≫ In Verkauf (wohl "im Verlauf") des Ergebnisjahres neu ein...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge