Leitsatz

Gegen eine im ersten Rechtszug erfolgte Kostenentscheidung, mit der die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 WEG dem Verwalter auferlegt worden sind, kann sich der Verwalter mit der sofortigen Beschwerde wenden.

Wird erstmals im Berufungsrechtszug eine Kostenentscheidung nach § 49 Abs. 2 WEG getroffen, ist die Rechtsbeschwerde statthaft, sofern diese zugelassen worden ist.

Eine Kostenentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 WEG setzt das Bestehen eines gegen den Verwalter gerichteten materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruchs des unterlegenen Wohnungseigentümers wegen der (grob verschuldeten) Verletzung von Pflichten bei der Verwaltung voraus. Im Hinblick auf die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs ist dem Gericht ein Ermessen nicht eingeräumt; vielmehr müssen sämtliche hierfür erheblichen Tatsachen feststehen.

 

Normenkette

WEG § 49 Abs. 2

 

Das Problem

  1. Nach der Gemeinschaftsordnung richtet sich das Stimmrecht der Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile (= Wertstimmrecht). Die Gemeinschaftsordnung sieht ferner in ihrem § 10 vor, dass "die Versammlung" einem Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen länger als 1 Monat in Verzug ist, das Stimmrecht entziehen kann.
  2. Zu Beginn der Versammlung vom 1. November 2010 liest der Verwalter § 10 der Gemeinschaftsordnung vor und weist darauf hin, K, dem mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile zustehen, sei mit Hausgeld in Höhe von insgesamt 6.290 EUR in Rückstand. Sodann erklärt V entweder, K sei nicht stimmberechtigt, oder dass säumige Wohnungseigentümer von der Abstimmung ausgeschlossen werden könnten. Anschließend werden verschiedene Beschlüsse gefasst. K nimmt an der Abstimmung jeweils nicht teil und weist dabei auf seine "fehlende Stimmberechtigung" hin.
  3. Mit einer Anfechtungsklage wendet sich K gegen 4 Beschlüsse. Das Amtsgericht gibt der Anfechtungsklage statt. Die Prozesskosten verteilt es unter den Parteien. Im Berufungsrechtszug erklären die Wohnungseigentümer den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Das Landgericht legt nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten der ersten Instanz überwiegend dem Verwalter und im Übrigen anteilig den Parteien auf. Die Kosten des Berufungsverfahrens legt es dem Verwalter zur Hälfte auf. Das Berufungsgericht geht bei der Kostenentscheidung davon aus, dass die Anfechtungsklage erfolgreich gewesen wäre. K sei "faktisch" an der Stimmabgabe gehindert worden, indem der Verwalter vor der Versammlung auf K's Zahlungsrückstände hingewiesen und die auf den Stimmrechtsausschluss bei Zahlungsrückständen bezogene Bestimmung der Gemeinschaftsordnung vorgelesen habe. Für den faktischen Ausschluss komme es nicht darauf an, ob der Verwalter ausdrücklich auf den Stimmrechtsausschluss hingewiesen habe oder ob dies nur die allgemeine, nicht hinterfragte Meinung im Versammlungssaal gewesen sei. Der Verwalter sei nach dem Verwaltervertrag verpflichtet gewesen, die Versammlung ordnungsgemäß durchzuführen und die Gemeinschaftsordnung zu beachten, nach der K an der Abstimmung zu beteiligen gewesen sei. Im Übrigen habe der Verwalter geschwiegen, als K darauf hingewiesen habe, nicht abstimmen zu dürfen. Er hätte aufgrund seines vorangehenden Verhaltens aber die Pflicht gehabt, K mindestens darauf hinzuweisen, dass ein förmlicher Beschluss nicht gefasst worden sei. Diese Pflichtverletzung sei grob schuldhaft, da ein ordnungsgemäßes Verhalten nahe gelegen hätte und es V ohne Weiteres hätte einleuchten müssen, dass eine Aufklärung notwendig gewesen wäre. Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich der Verwalter gegen die zu seinem Nachteil ergangene Kostenentscheidung.
 

Die Entscheidung

Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde

  1. Die Rechtsbeschwerde ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zulässig. Insbesondere sei sie aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zwar entfalte die Zulassungsentscheidung ausnahmsweise keine Bindungswirkung, wenn der Instanzenzug hierdurch unzulässig erweitert werden würde. So liege es aber nicht. Allerdings regle das Gesetz nicht ausdrücklich, ob und auf welche Weise der Verwalter eine Entscheidung anfechten kann, mit der ihm gemäß § 49 Abs. 2 WEG die Kosten eines Rechtsstreits auferlegt werden würden. Hierbei handle es sich jedoch nach einhelliger und zutreffender Meinung um eine planwidrige Regelungslücke, die durch die analoge Anwendung von § 91a Abs. 2 ZPO und § 99 Abs. 2 ZPO zu schließen sei; infolgedessen sei gegen eine im ersten Rechtszug erfolgte Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde des Verwalters statthaft (Hinweis unter anderem auf Elzer in Timme, WEG, 2. Auflage 2014, § 49 Rn. 59). Werde erstmals im Berufungsrechtszug eine solche Kostenentscheidung getroffen, sei die Rechtsbeschwerde statthaft, sofern diese zugelassen worden sei (Hinweis unter anderem auf Dötsch, ZMR 2015, S. 444, 445 und anderer Ansicht Elzer in Timme, WEG, 2. Auflage 2014, § 49 Rn. 59).

Begründetheit der Rechtsbeschwerde

  1. In de...

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