Leitsatz

  1. Eine Kostenentscheidung des Gerichts im Anschluss an eine Entscheidung in der Hauptsache ist grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar
  2. Nach § 49 Abs. 2 WEG kann das Gericht unter dort geregelten Voraussetzungen auch dem Verwalter als beigeladenem Dritten Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegen, muss dies jedoch nicht
  3. Isolierte Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung ist auch dann unzulässig, wenn das Gericht die Anwendbarkeit des § 49 Abs. 2 WEG geprüft, jedoch deren Voraussetzungen verneint haben sollte
  4. Die Entscheidungsmöglichkeit des Gerichts nach § 49 Abs. 2 WEG besteht aus prozessökonomischen Gründen und liegt in pflichtgemäßem richterlichen Ermessen
  5. Auch bei Ablehnung der Kostentragung nach § 49 Abs. 2 WEG wird Eigentümern nicht ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch selbst unterhalb der Schwelle groben Verschuldens aberkannt
  6. Materiell rechtskraftfähig ist allein die Entscheidung des Gerichts über den prozessualen Hauptsacheanspruch
 

Normenkette

§ 49 Abs. 2 WEG; §§ 99 Abs. 1 und 322 Abs. 1 ZPO

 

Kommentar

  1. Das Amtsgericht hatte 3 angefochtene Beschlüsse für ungültig erklärt, eine weitere Anfechtung abgewiesen und in der Kostenentscheidung zur Hälfte die Kläger mit den Verfahrenskosten belastet und zur anderen Hälfte – unter Hinweis auf § 49 Abs. 2 WEG – den beigeladenen Verwalter. Die Kläger versuchten in der sofortigen Beschwerde, eine Kostenbelastung des Verwalters für alle Kosten des Rechtsstreits zu erreichen. Vom Landgericht wurde diese Beschwerde als unzulässig verworfen. Auch die zugelassene Rechtsbeschwerde der Kläger hiergegen hatte keinen Erfolg.
  2. Die Kostenentscheidung eines Urteils ist – wie auch hier – grundsätzlich nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit der Entscheidung in der Hauptsache anfechtbar (§ 99 Abs. 1 ZPO). Eine isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn diese eine eigenständige, von der Entscheidung in der Hauptsache unabhängige Beschwer enthält. Im hier vorliegenden Fall wurde jedoch in der angefochtenen Kostenentscheidung keine eigenständige Beschwer der Kläger begründet. Unabhängig davon, ob ein Gericht die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 WEG geprüft bzw. verneint oder auch nicht in Betracht gezogen hat, entsteht kostenbelasteten Parteien kein Nachteil, da insoweit ihr etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Verwalter hierdurch nicht aberkannt wird. § 49 Abs. 2 WEG eröffnet einem Gericht allein aus prozessökonomischen Gründen die Möglichkeit, auch dem Verwalter als nicht im Streit befindlicher Partei unter den Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 WEG die Verfahrenskosten aufzuerlegen und insoweit einen materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch antizipiert bereits (ggf. teilweise) mitzuentscheiden (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 41).

    Ob ein Gericht von § 49 Abs. 2 WEG Gebrauch macht, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 49 Rn. 19). Eine Verpflichtung, dem Verwalter stets dann die Kosten aufzuerlegen, auch wenn die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 WEG erfüllt sind, besteht nicht. Eigentümern werden materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche gegen den Verwalter auch nicht endgültig aberkannt, wenn das Gericht von der Anwendung des § 49 Abs. 2 WEG absieht, weil es dessen Voraussetzungen für nicht gegeben erachtet (a.A. LG Berlin, ZMR 2009 S. 393, 395, Wenzel in Bärmann, 10. Aufl., § 49 Rn. 29, Jennißen/Suilmann 2. Aufl., § 49 Rn. 38; Timme/Elzer, § 49 Rn. 61, Bergerhoff in Bärmann/Seuß, Praxis 5. Aufl. Rn. 278, Niedenführ, ZWE 2009 S. 69, 73). Die Gegenmeinung verkennt, dass die Entscheidung positiv wie negativ über § 49 Abs. 2 WEG nicht der materiellen Rechtskraft fähig ist. In materieller Rechtskraft erwächst nur die Entscheidung des Gerichts über den prozessualen Anspruch (§ 322 Abs. 1 ZPO, BGH, NJW 2003 S. 585, 586). Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch umfasst auch Verschuldensformen unterhalb der Schwelle des groben Verschuldens, kann also auch bei leicht fahrlässigem oder auch vorsätzlichem Handeln des Verwalters in Betracht kommen (vgl. § 280 Abs. 1 i.V.m. § 276 Abs. 1 BGB). Eine Haftungsmilderung wird durch die allein aus prozessökonomischen Gründen Mitte 2007 eingeführte Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG nicht bewirkt (ebenso Wenzel; a.A. LG Berlin, Jennißen/Suilmann und Drasdo, FS Bub, 2007, S. 59, 67).

  3. Im Rahmen des § 49 Abs. 2 WEG kann das Gericht auch nur über einen Ausschnitt eines solchen Anspruchs befinden, nämlich über eine auf grobem Verschulden beruhende Pflichtverletzung des Verwalters. Betroffen von der Entscheidung ist also nur ein Teilaspekt des Anspruchs, der nicht der Rechtskraft fähig ist, was auch dann gilt, wenn das Gericht bereits eine (objektive) Pflichtverletzung des Verwalters verneint.
  4. Hat das Gericht dem Verwalter Kosten nach § 49 Abs. 2 WEG auferlegt, können allerdings diese nicht ein 2. Mal auf der Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemacht werden, da...

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