Rz. 240

Innerhalb der nach dem Typenzwang zulässigen beschränkten dinglichen Rechte am Grundstück ist die Reallast das Leistungsrecht, nach welchem der Berechtigte eine positive Leistung vom Grundstückseigentümer fordern kann.[861] Während die Grunddienstbarkeit dem Berechtigten die eigene Benutzung des Grundstücks in bestimmten Beziehungen gewährt, der Nießbrauch eine umfassende Nutzung, hat der Berechtigte der Reallast kein Recht zur eigenen Benutzung des Grundstücks. Während aber bei Nießbrauch und Dienstbarkeit die Verpflichtung des Grundstückseigentümers zu positiven Handlungen ausgeschlossen ist, ist sie gerade der notwendige Inhalt der Reallast. Sie ist die dingliche Belastung eines Grundstücks mit aus dem Grundstück zu entrichtenden wiederkehrenden Leistungen (§ 1105 Abs. 1 BGB).[862]

Zu unterscheiden sind das Stammrecht und die Einzelleistungen, für die gem. § 1107 BGB das Recht der Hypothekenzinsen entsprechend gilt. Die Einzelleistungen entspringen gemäß dem Inhalt der Reallast aus dem Stammrecht, ohne dass dieses sich dadurch verbraucht oder verzehrt. Die Leistungen erhalten mit ihrem Entstehen eine gewisse rechtliche Eigenständigkeit (vgl. zur Abtretung §§ 1107, 1159 BGB) teilen aber mit dem Stammrecht eine Rangstelle im Grundbuch, eine Bestimmung dahin, dass rückständige Leistungen im Falle der Zwangsversteigerung Nachrang nach dem Stammrecht haben sollen, ist unzulässig.[863] Der Grundstückseigentümer haftet für die Einzelleistungen nach § 1108 BGB grundsätzlich persönlich, die Vorschrift kann als Inhalt der Reallast abbedungen werden (Eintragung durch Bezugnahme nach § 874 BGB genügt).[864]

Die Leistungen sind zwar "aus dem Grundstück" zu erbringen, trotzdem verleiht die Reallast kein Nutzungsrecht am Grundstück; dieses haftet vielmehr nur für die Erbringung der geschuldeten Leistungen; der Gläubiger kann sich nur im Wege der Immobiliarvollstreckung aus dem Grundstück befriedigen (§ 1107 mit § 1147 BGB).[865] Die Reallast ist ein Leistungs- und Verwertungsrecht.[866] Daher muss die Leistung, die nicht in Geld besteht, wenigstens einen Geldwert haben, der Höhe nach bestimmbar sein und gegebenenfalls in eine Geldforderung umgewandelt werden können.[867]

[861] Allgemein Staudinger/Reymann, BGB, § 1105 Rn 1 ff.; MüKo-BGB/Mohr, BGB, § 1105 Rn 8 ff.; Grüneberg/Herrler, BGB, § 1105 Rn 1 ff.; Meikel/Grziwotz, Einl. B Rn 444 ff.; Bauer/Schaub/Wegmann, AT C Rn 593 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 1285 ff.; Böttcher, ZNotP 2011, 122; Sokolowski, ZfIR 2011, 50.
[862] Zur Rechtsgeschichte Staudinger/Reymann, BGB, Vor § 1105 Rn 1.
[863] BGHZ 156, 274 = NotBZ 2004, 277 = Rpfleger 2004, 92; OLG Hamm ZfIR 2002, 994; anders noch BayObLGZ 1990, 282 = DNotZ 1991, 805 = Rpfleger 1991, 50; dazu Eickmann, NotBZ 2004, 262; zur Zwangsversteigerung Meikel/Grziwotz, Einl. B 460; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 1317; Stöber, NotBZ 2004, 265; Böttcher, RpflStud 200 %, 24, zu dieser Problematik bereits Amann, DNotZ 1993, 222.
[864] MüKo-BGB/Mohr, § 1108 Rn 7; Meikel/Grziwotz, Einl. B Rn 459.
[865] Eingehend Staudinger/Reymann, BGB, Vor § 1105 Rn 49 ff.
[866] BGH Rpfleger 1978, 207; zu den Unterschieden zum Hypothekenrecht Erman/Grziwotz, BGB, vor § 1105 Rn 4.
[867] BGHZ 111, 324 = DNotZ 1991, 803 = NJW 1990, 2380 = Rpfleger 1990, 453 (Wertsicherungsklauseln); BayObLGZ 1993, 228 = DNotZ 1993, 473; OLG Celle DNotZ 1952, 126; LG Saarbrücken Rpfleger 2000, 109; Staudinger/Reymann, BGB, § 1105 Rn 15; MüKo/Mohr, BGB, § 1105 Rn 32; Grüneberg/Herrler, BGB, § 1105 Rn 4; Erman/Grziwotz, BGB, § 1105 Rn 7 mit zahlr. Bsp.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge