Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierungssystematik im TVöD-VKA. Prüfung der Anforderungen in tariflichen Aufbaufallgruppen. Eingehende fachliche Einarbeitung als Tarifmerkmal. Heraushebung einer Tätigkeit mit einer Vorbildung von mehr als sechs Wochen

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Vorbildung, die zu erwerben deutlich mehr als sechs Wochen in Anspruch nimmt und die im Anforderungsprofil vorausgesetzt wird (hier Fremdsprachenkenntnisse), führt zu einer Heraushebung der maßgeblichen Tätigkeiten aus den in der Entgeltgruppe 2 TVöD-V VKA definierten "einfachen Tätigkeiten", die eine solche Vorbildung nicht erfordern.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Beschäftigte ist in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht (§ 12 Abs. 2 S. 1 TVöD-V).

2. Die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 2 und 3 TVöD-VKA bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen.

3. Die nach dem Willen der Tarifvertragsparteien gemäß Entgeltgruppe 3 zu bewertende Tätigkeit muss so beschaffen sein, dass sie zwar ohne Vor- und Ausbildung, nicht aber ohne eine eingehende fachliche Einarbeitung ausgeübt werden kann. Dabei bezieht sich das Merkmal „eingehend“ auf die Intensität und Tiefe der erforderlichen Belehrungen, das Merkmal „fachlich“ auf deren sachlichen Gegenstand.

 

Normenkette

TVöD-VKA § 12 Abs. 1; TVöD-VKA § 12 Abs. 1 Anl. 1 EntgO EG 1; TVöD-VKA § 12 Abs. 1 Anl. 1 EntgO EG 2; TVöD-VKA § 12 Abs. 1 Anl. 1 EntgO EG 3; TVöD-VKA § 12 Abs. 1 Anl. 1 EntgO EG 4

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.05.2021; Aktenzeichen 24 Ca 1257/20)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.12.2023; Aktenzeichen 4 AZR 317/22)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 7. Mai 2021 – Az.: 24 Ca 1257/20 –wird dieses abgeändert und die Beklagte verurteilt,

an den Kläger 4.973,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von

5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus

172,26 € ab 01.04.2019, aus 171,10 € ab 01.05.2019, aus

171,10 € ab 01.06.2019, aus 171,10 € ab 01.07.2019, aus

171,10 € ab 01.08.2019, aus 171,10 € ab 01.09.2019, aus

171,10 € ab 01.10.2019, aus 171,10 € ab 01.11.2019, aus

117,10 C ab 01.12.2019, aus 171,10 € ab 01.01.2020, aus

171,10 € ab 01.02.2020, aus 171,10 € ab 01.03.2020, aus

170,69 € ab 01.04.2020, aus 135,67 € ab 01.05.2020, aus

65,39 € ab 01.06.2020, aus 47,66 € ab 01.07.2020, aus

79,28€ ab 01.08.2020, aus 109,60 € ab 01.09.2020, aus

74,61 € ab 01.10.2020, aus 57,62 € ab 01.11.2020, aus 53,66

€ ab 01.12.2020, aus 83,30 € ab 01.01.2021, aus 106,67 € ab

01.02.2021, aus 54,24 € ab 01.03.2021, aus 61,44 € ab

01.04.2021, aus 81,25 e ab 01.05.2021, aus 94,24 € ab

01.06.2021, aus 85,90 € ab 01.07.2021, aus 80,52 € ab

01.08.2021, aus 184,69 € ab 01.09.2021, aus 95,37 € ab

01.10.2021, aus 85,02 € ab 01.11.2021, aus 93,05 € ab

01.12.2021, aus 169,17 € ab 01.01.2022, aus 157,48 € ab

01.02.2022, aus 142,66 € ab 01.03.2022, aus 154,50 € ab

01.04.2022, aus 197,48 € ab 01.05.2022 und aus 197,48 € ab

01.06.2022

zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.06.2022 ein Tabellenentgelt der Entgeltgruppe EG 3 Stufe 4 der Entgelttabelle TVöD-V VKA (und für den Zeitraum bis maximal 30. September 2023 in Verbindung mit der Anlage A des Notlagentarifvertrages für den Dienstleistungsbereich der Flughäfen vom 1. Dezember 2020) zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge jeweils ab dem auf den Tag der jeweiligen Fälligkeit folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

In der Sache streiten die Parteien über die zutreffende Eingruppierung des Klägers und Differenzlohnansprüche.

Der 1959 geborene Kläger ist seit dem 22. Juni 2015 als Service Agent auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 19. Mai 2015 für die Beklagte in Vollzeit tätig. Seine monatliche Vergütung belief sich bei Klageeingang in der ersten Instanz auf 2.366,14 € brutto.

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der A AG und der B AG. Sie ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband e.V.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Verwaltung (TVöD-V VKA) kraft beidseitiger Organisationszugehörigkeit Anwendung. Dessen Eingruppierungsmerkmale gelten.

Die aufeinander aufbauenden Entgeltgruppen 1 bis 4 TVöD-V VKA haben den folgenden Wortlaut:

„Entgeltgruppe 1

Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten, z.B.

  1. · Essens- und Getränkeausgeber/innen
  2. · Garderobenpersonal
  3. · spülen und Gemüse putzen und sonstige Tätigkeiten im Haus- und Küchenbereich
  4. · Reiniger/innen in Außenbereichen wie Höfe, Wege, Grünanlagen, Parks
  5. · Wärter/innen von Bedürfnisanstal...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge