Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des Orts für die Durchführung einer Betriebsversammlung. Eignung eines Raums

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 42 BetrVG enthält keine Regelung dazu, ob der Arbeitgeber oder der Betriebsrat den zur Abhaltung der Betriebsversammlung bestimmten Raum festlegt.

2. Als Eigentümer der Produktionsmittel entscheidet der Arbeitgeber darüber, welche Räume des Betriebs wann, von wem und zu welchem Zweck genutzt werden. Ist der vom Arbeitgeber für die Durchführung der Betriebsversammlung vorgesehene Raum geeignet, kann die Veranstaltung dort durchgeführt werden, selbst wenn der vom Betriebsrat vorgeschlagene Raum noch besser geeignet sein sollte.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 06.06.2012; Aktenzeichen 7 BVGa 11/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 06. Juni 2012 - 7 BVGa 11/12 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren darüber, in welchen Räumen eine Betriebsversammlung durchzuführen ist.

Antragsteller ist der in dem Gemeinschaftsbetrieb der Beteiligten zu 2 und 3 (Arbeitgeber) gebildete Betriebsrat. In dem Gemeinschaftsbetrieb werden ca. 390 Arbeitnehmer beschäftigt. Seit seiner Wahl im Frühjahr 2010 führte der Betriebsrat die regelmäßigen vierteljährlichen Betriebsversammlungen in einer Lagerhalle (OW 1 MOP) durch; dort wurden mindestens 320 Stühle gestellt, was für die Durchführung der Betriebsversammlungen ausreichend war. Der Arbeitgeber möchte dem Betriebsrat künftig für die Durchführung der Betriebsversammlungen die Kantine zur Verfügung stellen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die in der Kantine vorhandenen Pfeiler schränkten die Sicht der Teilnehmer ein. Ferner könne die Kantine maximal 300 Sitzplätze aufnehmen. Die Teilnehmer müssten in großer Enge beieinander sitzen. Die großen Glasfronten seien mit einem automatischen Verdunkelungssystem ausgestattet, so dass bei einer starken Erwärmung des Raumes mit plötzlich einsetzender Dunkelheit zu rechnen sei. Die Klimaanlage erzeuge ein Geräusch, das es erforderlich mache dagegen anzusprechen und das Zuhören erschwere.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Beteiligten zu 2 und 3 aufzugeben, dem Betriebsrat zur Durchführung der Betriebsversammlung vom 12. Juni 2012 die Räumlichkeiten des OW 1 MOP zur Verfügung zu stellen, hilfsweise der Durchführung der Betriebsversammlung vom 12. Juni 2012 im OW 1 MOP zuzustimmen und den Beteiligten zu 2 und 3 für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen an den Geschäftsführern, anzudrohen.

Die Beteiligten zu 2 und 3 haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, die Kantine sei für die Betriebsversammlung geeignet, da auf einer Gesamtfläche von mehr als 225 m² bis zu 336 Stühle gestellt werden könnten. Der Zeitaufwand für das Räumen und den Wiederaufbau der in der Lagerhalle befindlichen Paletten betrage etwa 7 h. Ferner seien in der Vergangenheit bei den Betriebsversammlungen in der Lagerhalle die Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten worden.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es fehle am Vorliegen eines Verfügungsgrundes. Hierbei könne offen bleiben, ob der Einwand der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit durchgreife. Jedenfalls sei die vom Betriebsrat begehrte einstweilige Regelung nicht erforderlich, um die ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsversammlung zu ermöglichen. Mit der Kantine stelle der Arbeitgeber einen geeigneten Versammlungsraum zur Verfügung, so dass der Zweck der einstweiligen Verfügung auch ohne die begehrte Regelung erreicht werde.

Gegen diesen Beschluss hat der Betriebsrat Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Es fehle jedenfalls nicht am Verfügungsgrund, da die Angelegenheit im Hinblick auf die für den 12. Juni 2012 anstehende Betriebsversammlung eilbedürftig sein. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, dem Betriebsrat die zur Abhaltung der Betriebsversammlung erforderlichen Räume zur Verfügung zu stellen. Bei der Auswahl des Raums sei das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu beachten. Stehen mehrere Räume zur Auswahl, entscheide der Betriebsrat über den Ort der Versammlung. Vor diesem Hintergrund sei die Vorgehensweise des Arbeitgebers nicht hinnehmbar. Die bisherige Praxis habe sich bewährt. Sicherheitsbedenken bezüglich der Lagerhalle als Veranstaltungsort der Betriebsversammlung bestünden nicht, da diese während der Betriebsversammlung frei geräumt sei.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 6. Juni 2012 -7 BVGa 11/12- abzuändern;

im Wege der einstweiligen Verfügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Anhörung der Beteiligten, hilfsweise unter Abkürzung der Einlassungs- und Ladungsfristen auf das gesetzliche Mindestmaß, sofort Termin zu bestimmen und den Beteiligten zu 2 und 3 aufzug...

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