Zur Stärkung ihrer Eigenverantwortung sollen Eltern zukünftig Umgangsvereinbarungen schließen können, in denen sie sich der sofortigen Vollstreckung unterwerfen.[100] Der Anrufung des Familiengerichts soll es dann zur Schaffung eines Umgangstitels nicht mehr bedürfen. Um eine Kindeswohlgefährdung auszuschließen, sollen sich die Eltern aber vor Abschluss einer solchen Umgangsvereinbarung beim Jugendamt beraten lassen.[101]

Diese geplante Neuregelung überzeugt nicht. Zwar dient eine auf Elternkonsens beruhende Umgangsregelung im Regelfall dem Wohl des Kindes. Dies gilt aber nur so lange, wie dieser elterliche Konsens auch andauert. Dies ist spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn eine Umgangsvereinbarung vollstreckt werden soll. Dann besteht gerade kein Elternkonsens mehr und damit auch keine Vermutung für die fortbestehende Kindeswohldienlichkeit der getroffenen Regelung. Die Vollstreckung einer solchen, möglicherweise vor längerer Zeit abgeschlossenen Umgangsvereinbarung ohne Kindeswohlprüfung würde die Rechte des Kindes vernachlässigen. Mindestens müsste das Familiengericht daher im Vollstreckungsverfahren prüfen, ob das Kindeswohl aktuell gewahrt ist. Damit wäre aber niemanden gedient, weil das Familiengericht im Ergebnis eine Vollstreckung nur ablehnen könnte, wenn die getroffene Regelung dem Wohl des Kindes nicht mehr am besten entspricht. Es könnte nicht zugleich eine neue Umgangsregelung treffen, weil es dazu der Durchführung eines Umgangsverfahrens bedürfte. Hinzu kommt, dass dem Kind im Vollstreckungsverfahren weder ein Verfahrensbeistand beigeordnet werden kann noch seine Anhörung überhaupt vorgesehen ist.

Unabhängig hiervon bleibt unklar, in welchem Verhältnis die außergerichtliche Umgangsvereinbarung zu einem sich hieran anschließenden Umgangsverfahren steht. Entfaltet die Umgangsvereinbarung mit Vollstreckungsunterwerfung Bindungswirkung, so dass § 1696 Abs. 1 BGB zur Anwendung gelangt oder setzt das Gericht den Umgang nach Maßgabe des § 1684 BGB so fest, als gäbe es die Vereinbarung nicht?

Hinzu kommt letztlich, dass viele Eltern nicht in der Lage sein werden, eine Umgangsregelung so zu formulieren, dass sie einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Die Vorgaben des BGH[102] hierzu sind bekanntermaßen streng und selbst gerichtlich protokollierte Umgangsvereinbarung aber auch Umgangsbeschlüsse erweisen sich im Nachhinein gelegentlich als nicht vollstreckungsfähig.

Von dieser Regelung sollte daher gänzlich Abstand genommen werden.

[100] S. 7 Eckpunktepapier Kindschaftsrecht.
[101] S. 7 Eckpunktepapier Kindschaftsrecht.
[102] BGH FamRZ 2021, 533.

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