Einerseits sind konkrete Angaben des Berechtigten zu Erschwernissen bei der Vereinbarung der Berufstätigkeit mit einer Kindesbetreuung zu erwarten; andererseits hat die Rechtsprechung teilweise – jedenfalls früher – angenommen, dass "gestörte" Verhältnisse in Form der eingetretenen Trennung einen besonderen Betreuungsbedarf indizieren.[105]

Der deutlich gesunkene Stellenwert aufgrund der Gesetzesänderung zum 1.1.2008[106] ist offenkundig. Eine Arbeitspflicht des betreuenden Elternteils scheidet nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des betreuten Kindes aus, sodass eine gleichwohl ausgeübte Tätigkeit überobligatorisch ist; anschließend ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen aufgrund der Notwendigkeit, dem betreuenden Elternteil einen gestuften Übergang in eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.[107]

Besteht ein Teilanspruch auf Betreuungsunterhalt und ein weiterer Teilanspruch aufgrund eines anderen Unterhaltstatbestandes, unterfällt der Gesamtanspruch dem Rang des § 1609 Nr. 2 BGB.[108]

Bei Ausübung einer Berufstätigkeit und gleichzeitiger Kindesbetreuung ist eine Anrechnung der Einkünfte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) vorzunehmen. Absetzbar ist zunächst ein konkreter Betreuungsaufwand; ein anrechnungsfreier Betrag ist aber auch dann zu berücksichtigen, wenn konkrete Betreuungskosten nicht anfallen.[109]

Von Bedeutung sind insbesondere:

Kindbezogene und elternbezogene Gründe[110]
Möglichst genaue Ausführungen des betreuenden Elternteils zur Vereinbarkeit von Betreuung und Berufstätigkeit[111]
Etwaige gesundheitliche Einschränkungen oder sogar Schwerbehinderung des Kindes.[112]
Abmilderung der Doppelbelastung z.B. durch konkrete Kinderbetreuungskosten oder Mehrbedarf des Kindes (Kindergarten, Hort)[113]
[105] OLG Frankfurt a.M., FamRZ 2010, 1449 = BeckRS 2010, 21695 unter Hinweis auf Lenze, FamRZ 2009, 1724 (1727); s. auch Born, FPR 2012, 220.
[106] S. dazu Born, NJW 2008, 1.
[107] BGHZ 205, 342 = NJW 2015, 2257 m. Anm. Graba = FamRZ 2015, 1369 m. Anm. Seiler. Ausführlich zum Betreuungsunterhalt Rubenbauer/Dose, FamRZ 2023, 1333. Zur Frage, ob das Wechselmodell zu einer selbstgewählten Schwächung des Unterhaltsanspruchs führt, s. Born, NZFam 2023, 433.
[108] BGH NJW 2014, 3649 m. Anm. Born = FamRZ 2014, 1987 m. Anm. Maurer = NZFam 2014, 1129 m. Anm. Niepmann.
[109] BGH NJW 2005, 2145 (2148) = FamRZ 2005, 1154.
[110] Gerhardt in Wendl/Dose, UnterhaltsR, § 1 Rn 805 a.E.
[111] Instruktiv zum Tagesablauf einer alleinerziehenden Mutter Meier, FamRZ 2008, 101.
[112] BGHZ 205, 342 = NJW 2015, 2257 m. Anm. Graba = FamRZ 2015, 1369 m. Anm. Seiler.
[113] Gerhardt in Wendl/Dose, UnterhaltsR, § 1 Rn 810.

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