Schließlich wurde vorgeschlagen, dass die jeweiligen Oberlandesgerichte in die bislang nicht besetzte Stelle der eigenen Leitlinien mit LL Nr. 12.5 eine neue Leitlinie aufnehmen, die etwa folgendermaßen lauten könnte:

"12.5. Aufwendungen im Rahmen eines erheblich erweiterten Umgangs können durch angemessene Abschläge beim Barunterhalt berücksichtigt werden, soweit der Mindestunterhalt gewährleistet ist."

Der Vorschlag knüpft an eine schon etwas ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs[59] an, wonach der Unterhaltsbedarf des Kindes nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle in Fällen gemindert werden kann, in denen der barunterhaltspflichtige Elternteil dem Kind im Zuge des von ihm ausgeübten erweiterten Umgangs Leistungen erbringt, mit denen er dessen Unterhaltsbedarf auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt:[60] In erster Linie gehört dazu der Verpflegungsbedarf des Kindes, der vom barunterhaltspflichtigen Elternteil in der Zeit, in der sich das Kind in seiner Obhut befindet, vollständig getragenwird mit der Folge, dass der andere (überwiegend) betreuende Elternteil insoweit eine echte finanzielle Entlastung erfährt.[61] Dazu können aber auch andere Aufwendungen für das Kind gehören wie etwa Kosten für Kleidung, Kino, Schwimmbad, die vom barunterhaltspflichtigen Elternteil getragen werden und mit einer entsprechenden Entlastung beim anderen, überwiegend betreuenden Elternteil einhergehen.[62] Zweck des Vorschlags ist einerseits, mehr Möglichkeiten für eine stärkere unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der finanziellen Beiträge des anderen, umgangsberechtigten Elternteils in Fällen eines deutlich erweiterten Umgangs zu eröffnen, andererseits geht es dabei aber auch um eine gewisse "Vorwegnahme" einzelner Elemente aus der anstehenden, erneuten Reform des (Kindes-) Unterhaltsrechts.[63] Die Anregung für eine entsprechende Anpassung der eigenen Leitlinien wurde bei vielen Vertretern der Oberlandesgerichte sehr positiv aufgenommen.

[59] Vgl. BGH, Beschl. v. 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 (Rn 38) m. Anm. Schürmann. Dagegen weitergehend OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.5.2015 – 7 UF 10/15, FamRZ 2016, 142 (Rn 90 f.): Danach ist auch ein pauschaler Abzug des vom grundsätzlich barunterhaltspflichtigen Elternteil getragenen Verpflegungsaufwands des Kindes statthaft, der im konkreten Fall auf 30 EUR monatlich geschätzt wurde. S. zu der Problematik auch Niepmann/Kerscher, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts (15. Aufl. 2023), Rn 175b.
[60] Vgl. zur Berücksichtigung von Umgangskosten beim Kindesunterhalt im Allgemeinen Niepmann/Kerscher, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts (15. Aufl. 2023), Rn 1037; Heiß/Born-Kohlenberg, Unterhaltsrecht (63. Aufl. 2023), Kap. 12 Rn 90; Henjes in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 4 Rn 596 ff.
[61] Nach Schürmann, FamRZ 2014, 921 (922 Fn 8 und Text) sollen bis zu 20 % des Barunterhaltsbedarfs auf die Kosten der Verpflegung entfallen. Ähnlich bereits Born, FPR 2008, 88 (90) mit dem Hinweis auf den "gesunden Appetit" eines Kindes.
[62] Vgl. Born, FPR 2008, 88 (90).
[63] Konkret geht es um den Vorschlag, den Kindesunterhalt in Fällen eines sogenannten "asymmetrischen Wechselmodells" – der Sache nach geht es um einen deutlich erweiterten Umgang, der noch nicht die Grenze einer hälftigen Mitbetreuung erreicht – um einen pauschalisierten Abschlag von 15 % für den Bedarf des Kindes für Verpflegung, Verkehr, Freizeit und Bildung zu kürzen, den der eigentlich barunterhaltspflichtige, umgangsberechtigte Elternteil in der Zeit seiner Mitbetreuung alleine trägt. Vgl. dazu Seiler, FamRZ 2023, 1761 (1763, 1764); Rimkus, FuR 2023, 512 (512); Borth, FamRZ 2023, 1833 (1835) und die Kritik von Obermann, FamRZ 2023, 1769 (1770); Witt, FF 2023, 432 (434, 436).

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