Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektronische Kommunikation. Zugang zum offenen Internet. Rechte der Endnutzer. Verbot von Vereinbarungen oder einer Geschäftspraxis, die die Ausübung der Rechte der Endnutzer einschränken. Pflicht, den Verkehr gleich und ohne Diskriminierung zu behandeln. Möglichkeit, angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen anzuwenden. Zusätzliche Tarifoption zum sogenannten ‚Nulltarif’. Ausschluss des ‚Nulltarifs’ bei Roaming

 

Normenkette

Verordnung (EU) 2015/2120 Art. 3, 3 Abs. 1-3

 

Beteiligte

Vodafone

Vodafone GmbH

Bundesrepublik Deutschland

 

Tenor

Art. 3 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union ist dahin auszulegen, dass eine auf der Aktivierung einer Tarifoption zum sogenannten „Nulltarif” beruhende Nutzungsbeschränkung beim Roaming mit den Pflichten aus Art. 3 Abs. 3 unvereinbar ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 18. November 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 22. November 2019, in dem Verfahren

Vodafone GmbH

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Wahl (Berichterstatter) sowie der Richter F. Biltgen und J. Passer,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Vodafone GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin D. Herrmann,
  • der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, vertreten durch C. Mögelin und F. Still als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und D. Klebs als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und J. M. Hoogveld als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf, G. Braun und L. Nicolae als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 6a und 6b Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (ABl. 2012, L 172, S. 10) in der durch die Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 (ABl. 2015, L 310, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Roamingverordnung) sowie von Art. 2 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/2286 der Kommission vom 15. Dezember 2016 zur Festlegung detaillierter Vorschriften über die Anwendung der Regelung der angemessenen Nutzung und über die Methode zur Prüfung der Tragfähigkeit der Abschaffung der Endkundenroamingaufschläge sowie über den von Roaminganbietern für diese Prüfung zu stellenden Antrag (ABl. 2016, L 344, S. 46, im Folgenden: Durchführungsverordnung).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Vodafone GmbH und der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Deutschland) (im Folgenden: Bundesnetzagentur) wegen eines Bescheids, mit dem die Bundesnetzagentur Vodafone aufgab, einige ihrer Internetzugangsdienste einzustellen.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 6, 8 und 9 der Verordnung 2015/2120 heißt es:

„(6) Endnutzer sollten das Recht haben, über ihren Internetzugangsdienst ohne Diskriminierung Informationen und Inhalte abzurufen und zu verbreiten und Anwendungen und Dienste zu nutzen und bereitzustellen. …

(8) Bei der Bereitstellung der Internetzugangsdienste sollten Anbieter dieser Dienste den gesamten Datenverkehr ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, ungeachtet des Senders, des Empfängers, des Inhalts, der Anwendung, des Dienstes oder des Endgeräts, gleich behandeln. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der ständigen Rechtsprechung sollten vergleichbare Situationen nicht unterschiedlich und unterschiedliche Situationen nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt.

(9) Ziel eines angemessenen Verkehrsmanagements ist es, zu einer effizienten Nutzung der Netzressourcen und zur Optimierung der Gesamtübermittlungsqualität entsprechend den objektiv unterschiedlichen Anforderungen an die technische Qualität der Diens...

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