Das Erteilungsverfahren ist ein kontradiktorisches Antragsverfahren. Es kommt im Nachlassverfahren bei der Erbscheinserteilung und im Grundbuchverfahren im Rahmen der "normalen" Grundbucheintragung nach §§ 13 ff. GBO zur Anwendung.

Der Erbschein wird gemäß § 2353 BGB wirksam, sobald er "erteilt" worden ist. Allerdings wird das Merkmal der Erteilung weder im BGB noch im FamFG legaldefiniert und ist daher umstritten. Die herrschende Meinung erblickt die Erteilung in der "Aushändigung" des Erbscheins, also in der körperlichen Übergabe der Urschrift oder einer Ausfertigung an den Antragsteller durch persönliche Aushändigung oder Zugang nach Zustellung.[1] Allerdings ist damit noch ungeklärt, ob auch bereits dann von einer "Erteilung" auszugehen ist, wenn der Erbschein bestimmungsgemäß aber ohne vorherige Aushändigung an den Antragsteller einem Dritten, z. B. dem Grundbuchamt oder dem Finanzamt nach § 7 ErbStDV, zugänglich gemacht wurde. Ferner ist unklar, ob die Erteilung des Erbscheins an nur einen Miterben für die Erteilung ausreicht oder ob die Aushändigung des Erbscheins an alle Miterben erforderlich ist.

Es bleibt zu diskutieren, ob auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die Urschrift oder eine Ausfertigung bestimmungsgemäß in den Rechtsverkehr gelangt ist, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob der Antragsteller oder eine dritte Person, ob ein Miterbe oder sämtliche Miterben den Erbschein übergeben bekommen haben. Es wird zwar der Zeitpunkt des ersten Inverkehrbringens des Erbscheins aktenkundig gemacht (z. B. durch einen Vermerk der Geschäftsstelle auf der vom Nachlassrichter unterzeichneten Erteilungsverfügung) und ist mithin ebenso zweifelsfrei zu ermitteln wie der Zeitpunkt, in dem der Erbschein erstmals hätte ausgehändigt werden können, sodass die Erteilung als solche losgelöst vom nachgelagerten Geschäftsgang des Nachlassgerichts ist, auf den Verfahrensbeteiligte in der Regel keinen Einfluss haben. Da nach der Rechtsprechung aber die bloße Zusage der "Erbschein werde erteilt" nicht genügen soll,[2] überzeugt es ausnahmslos, auf die tatsächliche Aushändigung an alle antragstellenden Miterben abzustellen.

[1] Vgl. OLG Hamm, Beschluss v. 11.10.1993, 15 W 194/93; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 8.2.2011, 14 Wx 52/10.
[2] Vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 8.2.2011, 14 Wx 52/10.

12.5.1 Gerichtliche Zuständigkeit

Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung des Antrages ist zunächst die gerichtliche Zuständigkeit festzustellen.

12.5.1.1 Internationale Zuständigkeit

Bei Fällen mit Auslandsberührung ist die internationale Zuständigkeit zu prüfen, d. h. ob die deutsche Rechtsordnung die (Entscheidungs-)Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte vorsieht. Seit Inkrafttreten der EuErbVO richtet sich diese nach Art. 4 ff. EuErbVO. Danach sind in Erbsachen grundsätzlich die Gerichte zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Zu beachten sind allerdings die Sonderzuständigkeiten bei getroffener Rechtswahl sowie Hilfszuständigkeiten bei Drittstaatenbezug.

Die Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichtsbarkeit wird jedoch nicht durch die Erklärung eines Notars aus dem EU-Mitgliedstaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers begründet, welcher sich für unzuständig zur Erteilung eines ENZ erklärt mit der Begründung sich im materiell-rechtlich einschlägigen deutschen Erbrecht nicht auszukennen. Eine solche vermeintliche Unzuständigkeitsklärung i. S. d. Art. 6 a) EuErbVO entfaltet keine Wirkung, wenn nicht der Erblasser selbst eine anderweitige Zuständigkeitsbestimmung durch wirksame Rechtswahl nach Art. 7 a), 22 EuErbVO getroffen hat.[1]

Die Zuständigkeit deutscher Gerichte in sachlicher und örtlicher Hinsicht richtet sich sodann nach § 47 IntErbRVG, wobei wiederum auf das FamFG verwiesen wird.

Zu beachten ist allerdings, dass nicht bestimmte Verfahren von der EuErbVO ausgenommen werden, wie die besondere amtliche Verwahrung oder auch die Erteilung von Erbscheinen. Grund hierfür ist die Regelung des Art. 62 Abs. 2 EuErbVO, wonach das Europäische Nachlasszeugnis nicht an die Stelle der innerstaatlichen Schriftstücke tritt, die in den Mitgliedstaaten zu ähnlichen Zwecken verwendet werden. Demzufolge richtet sich die Zuständigkeit in Erbscheinsverfahren mit Auslandsberührung nach § 105 FamFG i. V. m. § 343 FamFG.

Für die Begründung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ist es im Übrigen ausreichend, wenn sich ein einziger Nachlassgegenstand im Inland befindet. Früher galt in Erbrechtsfragen – außerhalb spezialgesetzlicher Staatsverträge – im deutschen internationalen Verfahrensrecht als generelle Zuweisungsnorm der gewohnheitsrechtlich anerkannte Gleichlaufgrundsatz, wonach deutsche Gerichte stets und nur dann international entscheidungszuständig sind, wenn deutsches materielles Erbrecht auf den Erbfall Anwendung findet, sei es, weil der Erblasser Deutscher ist, sei es, weil der Erblasser per zulässiger Rechtswahl die Anwendbarkeit deutschen materiellen Erbrechts bestimmt hat oder das Kollisionsrecht des Staates, dessen Recht nach ...

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