Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10. April 2019 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az 4 O 191/18, teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen, soweit das Landgericht die Klage hinsichtlich des Verdienstausfalls für die Zeit vom 11.03 bis 09.04.2018 abgewiesen hat. Im Übrigen wird sie als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien wenden sich mit wechselseitigen Berufungen gegen die teilweise Abweisung bzw. Stattgabe der Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Form von Verdienstausfall für einen Zeitraum vom 11. März bis 9. August 2018 wegen nicht rechtzeitiger Bereitstellung eines Kinderbetreuungsplatzes.

Die Klägerin ist Mutter der am ... 2017 geborenen C... P... und in W... wohnhaft. Sie ist Landesbeamtin in B....

In der Gemeinde W... konnten im streitgegenständlichen Zeitraum 75 vorhandene Kinderbetreuungsplätze nicht belegt werden, da kein ausreichendes Betreuungspersonal zur Verfügung stand.

In erster Instanz hat die Klägerin zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.262,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2018 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat gemeint, es fehle bereits an einer Pflichtverletzung. Außerdem hätte die Klägerin ihm gegenüber den Betreuungsplatz auch nicht rechtzeitig genug beantragt. Er sei erstmals am 26.02.2018 darüber informiert worden, dass die Klägerin Schadensersatz verlange. Ein Antrag auf Bereitstellung eines Platzes zum 11.03.2018 sei an ihn gar nicht erfolgt. Zudem habe es die Klägerin unterlassen, den nach § 839 Abs. 3 BGB bzw. § 2 StHG erforderlichen Rechtsweg in Form eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes in Anspruch zu nehmen. Letztlich liege auch kein Verschulden des Beklagten vor, denn der Umstand, dass kein qualifiziertes Personal zu finden sei, könne ihm nicht angelastet werden.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21.01.2019 das schriftliche Verfahren angeordnet und als Zeitpunkt, der dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung entspricht, den 18.02.2019 bestimmt. Mit seinem Urteil hat das Landgericht der Klage lediglich in Höhe von 6.652,15 EUR nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es geht dabei von einem grundsätzlich bestehenden Verdienstausfallschaden aus § 1 Abs. 1 StHG, 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG aus. Dieser bemesse sich aus den Nettobezügen für einen Zeitraum vom 10.04.2018 bis zum 09.08.2018 abzüglich ersparter Elternbeiträge. Auf das Urteil im Übrigen wird verwiesen.

Gegen das der Klägerin am 12.04.2019 und dem Beklagten am 25.04.2019 zugestellte Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, die Klägerin am 25.04.2019 und der Beklagte am Montag, dem 27.05.2019. Die Rechtsmittel wurden jeweils fristgemäß begründet.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie den entgangenen Bruttobetrag als Schadensersatz verlangen könne. Sie sei selbst Schuldnerin der Einkommensteuerlast. Hingegen sei der Beklagte nicht ihr Arbeitgeber und nicht berechtigt, die Lohnsteuer einzubehalten. Die als Schadensersatz zugesprochene Lohnersatzleistung sei hingegen nach dem individuellen Steuersatz zu versteuern. Wenn sie diesen nur als Nettobetrag erhalte, werde ihr die Möglichkeit genommen, die gezahlte Steuer durch das Finanzamt im Wege des Lohnsteuerjahresausgleichs zurückzuerhalten. Der Beklagte hingegen führe keine Steuer an das Finanzamt ab und erspare insoweit nichts. Zudem müsse sie eine Entschädigung als Ersatz für entgangene Einnahmen nach § 24 EStG ohnehin versteuern, so dass dann faktisch eine doppelte Besteuerung vorliege. Auf den weiteren Vortrag in der ersten Instanz nimmt die Klägerin ergänzend Bezug. Die Berufungsbegründung verhält sich nicht zu der Abweisung der Klage hinsichtlich des Zeitraums vor dem 10.04.2018.

Die Klägerin beantragt neben der Zurückweisung der Berufung des Beklagten,

teilweise abändernd den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.262,61 EUR brutto nebst (Zinsen in Höhe von) 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.08.2018 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die klägerische Berufung zurückzuweisen sowie

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 10.04.2019 die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Beklagte beanstandet, dass das Landgericht rechtsirrig eine Haftung nach § 1 Abs. 1 StHG bejaht habe. Der vorliegend geltend gemachte Schaden sei bereits nicht vom Schutzzweck des StHG gedeckt, weil es sich um eine spezialgesetzliche Ausprägung des enteignungsgleichen Eingriffs handele und sich auf den Schutz vorhandener Vermögenspositionen beschränke. Verdienstausfallschaden liege deshalb außerhalb des Schutzbereiches des StHG. Ferner fehle es an der erforderlichen Unmittelbarkeit eines dem Beklagten anzulastenden Eingriffs in eine Verm...

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