Sämtliche Maßnahmen der baulichen Veränderung bedürfen einer Beschlussfassung. Unerheblich ist insbesondere, ob die bauliche Veränderung mit Beeinträchtigungen einzelner Wohnungseigentümer verbunden ist. Es ist Sache des Wohnungseigentümers, der eine nicht in der Gemeinschaftsordnung gestattete bauliche Veränderung beabsichtigt, einen Gestattungsbeschluss gegebenenfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeizuführen, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird.[1] Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums informiert werden. Für den bauwilligen Wohnungseigentümer hat der legitimierende Beschluss den Vorteil, dass er, ebenso wie eventuelle Rechtsnachfolger, durch dessen Bestandskraft Rechtssicherheit hat.[2]

Vor diesem Hintergrund ist von besonderer praktischer Bedeutung, ob von einer baulichen Veränderung bereits dann auszugehen ist, wenn zwar in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums eingegriffen wird, allerdings hiermit weder eine optische noch tatsächlich "substanzielle" Veränderung verbunden ist.

 
Praxis-Beispiel

Dübel in einer tragenden Wand

Bekanntlich sind tragende Wände in der Wohnanlage auch dann gemeinschaftliches Eigentum, wenn sie sich in der Sondereigentumseinheit eines Wohnungseigentümers befinden. Ein Wohnungseigentümer beabsichtigt die Montage eines Regals an einer Wohnzimmerwand, bei der es sich um eine tragende Wand handelt. Zur Befestigung des Regals muss er Dübel in der Wand anbringen.

Wollte man hier bereits vom Vorliegen einer baulichen Veränderung ausgehen, da unzweifelhaft in die Substanz des Gemeinschaftseigentums eingegriffen wird (auch wenn der Eingriff nur marginal ist), müsste der Wohnungseigentümer einen Gestattungsbeschluss herbeiführen. Angesichts des geänderten Wortlauts von § 20 Abs. 1 WEG gegenüber § 22 Abs. 1 WEG a. F. wird man hiervon wohl auch ausgehen müssen. Allerdings dürfte die Zweckbestimmung in der Teilungserklärung etwa einer Wohnnutzung durchaus so auszulegen sein, dass insoweit auch nutzungstypische Maßnahmen gestattet sind. Insoweit ist auch der BGH[3] der Auffassung, dass derart innerhalb des räumlichen Bereichs des Sondereigentums übliche Veränderungen des dort befindlichen gemeinschaftlichen Eigentums ohne Weiteres als gestattet anzusehen sind. Im Übrigen könnte ein entsprechend auf Beseitigung in Anspruch genommener Wohnungseigentümer entsprechend § 20 Abs. 3 WEG entgegenhalten, dass mit der Montage von Dübeln keine rechtliche Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer verbunden ist.[4]

Bauliche Veränderungen werden stets mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen. Das neue Recht kennt lediglich für die Rechtsfolgenseite einer Kostenbelastung unter sämtlichen Wohnungseigentümern noch eine einzige Vorschrift, nach der ein bestimmtes qualifiziertes Beschlussquorum erreicht werden muss, nämlich § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG.[5]

[2] BGH, a. a. O.; BT-Drs. 19/18791 S. 62.
[4] Jennißen/Hogenschurz, WEG, 8. Aufl. 2024, § 20 Rn. 120.

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