Leitsatz

Das Aufbringen von stattlichen Findlingen stellt eine bauliche Veränderung dar

 

Normenkette

§ 22 Abs. 1 WEG

 

Das Problem

  1. An einer Giebelseite einer Wohnungseigentumsanlage liegt eine Rasenfläche, welche an eine gepflasterte Hoffläche angrenzt. Daneben ist das Gartentor. Ein Gebrauch dieser Rasenfläche als Parkplatz bzw. Stellplatz ist unzulässig. In der Vergangenheit parkten gleichwohl Fahrzeuge auf dieser Fläche. Um dies zu verhindern, beschließen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, 2 bis 3 "stattliche" Findlinge auf dieser Fläche auszulegen.
  2. Ein Wohnungseigentümer geht gegen diesen Beschluss vor. Er meint, das Auslegen der Steine stelle eine bauliche Veränderung dar.

    § 22 (WEG) Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau

    (1) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden.

    […]

    Nachteilig sei an dem Beschluss, dass die Fläche – soweit die Steine verlegt worden seien – nicht mehr als Grünfläche verwendet werden könne. Dort, wo die Steine ausgelegt werden würden, könne zudem der Fußweg zum Gartentor beeinträchtigt werden. Die Findlinge würden ihn außerdem beeinträchtigen, wenn er an der Stelle, wo sie liegen, ein Sonnenbad nehmen wolle.

  3. Die beklagten Wohnungseigentümer halten dem entgegen, der Beschluss bewege sich im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Rasenfläche sei in der Vergangenheit illegal zum Parken missbraucht worden. Es handle sich jedoch insoweit nicht um eine Parkfläche, deshalb müssten Maßnahmen gegen das illegale Parken getroffen werden.
 

Entscheidung

  1. Die Klage hat Erfolg! Der angefochtene Beschluss verstoße gegen § 22 Abs. 1 WEG. Danach bedürften bauliche Veränderungen grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, welche hier nicht vorläge. Das Aufbringen der stattlichen Findlinge stelle eine bauliche Veränderung dar. Eine bauliche Veränderung sei jede Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Auf die konkrete technische Ausführung komme es nicht an.
  2. Das Gericht verkenne nicht, dass etwa eine gärtnerische Gestaltung oder etwa das Aufbringen kleinerer Kieselsteine etc. in diesem Sinn noch keine bauliche Veränderung darstelle.
  3. Darüber gehe der angefochtene Beschluss jedoch weit hinaus. Zwar sei die Größe der aufzubringenden Steine nicht näher beschrieben – doch gehe aus Sinn und Zweck des Beschlusses hervor, dass die stattlichen Findlinge verhindern sollen, dass die Rasenfläche von einem Pkw als Parkplatz genutzt werden kann. Das bedinge, dass die Steine zumindest eine derartige Größe haben, dass ein Autofahrer, der möglicherweise beabsichtige, auf der Rasenfläche zu parken, nicht in der Lage sein soll, diese Steine ohne Weiteres zur Seite zu legen, um eine Freifläche für sein Kraftfahrzeug zu schaffen. Die Steine sollten also – ihrem Sinn und Zweck entsprechend – ein derartiges Eigengewicht und eine derartige Größe aufweisen, dass es nicht möglich sein soll, die Steine fortzubewegen. Ein Stein, der aber ein derartiges Gewicht und eine solche Größe erreicht, dass er ohne weitere Hilfsmittel nicht mehr bewegt werden kann, stehe einer baulichen Veränderung bereits gleich. Das sei bereits in der Rechtsprechung etwa für eine Kinderschaukel auf einer Rasenfläche entschieden, die nur aufgrund ihres eigenen Gewichts auf dem Rasen ruht (Hinweis auf Bärmann/Merle, WEG, 12. Auflage 2013, § 22 Rn. 97).
  4. Im Übrigen folge aus ähnlichen Entscheidungen, dass von einer baulichen Veränderung auszugehen ist. So sei bereits etwa entschieden, dass die Verlegung von bloßen Trittplatten mit Zwischenräumen, die als Gehhilfe Sondernutzungsflächen mit einem befestigten Weg über eine im Gemeinschaftseigentum stehende Rasenfläche verbinden, eine bauliche Veränderung darstellen (BayObLG v. 10.8.2001, 2Z BR 21/01, NZM 2001 S. 959). In einem anderen Fall sei entschieden worden, dass der Einbau von Parksperrbügeln auf einer Sondernutzungsfläche eine bauliche Veränderung darstelle (OLG Schleswig v. 10.10.1996, 2 W 2/96, NJWE-MietR 1997 S. 29). Vor diesem Hintergrund könne nichts anderes für die hier in Betracht genommenen stattlichen Findlinge gelten, die ein dauerhaftes und signifikantes Hindernis gegen illegales Parken darstellen sollen.
  5. Die Findlinge seien auch nachteilig. Der Nachteil liege schon darin, dass die von den Steinen in Anspruch genommene Fläche nicht mehr anderweitig im Rahmen der ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden könne. Hinzu komme, dass eine Gefährdung des Verkehrs, auch des parkenden, nicht ausgeschlossen werden könne. Dies gelte unabhängig davon, ob die Fläche zum Befahren oder zum Abstellen von Kraftfahrzeugen überhaupt gedacht und vorgesehen sei.
 

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