Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2009; Aktenzeichen 2 AZR 286/07)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 27.885,04 EUR festgesetzt.

Die Berufung ist für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Rechtswirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung. Hilfsweise erstrebt die Klägerin die Zahlung einer Abfindung in Höhe von ….

Die am … geborene ledige Klägerin ist seit dem 01.01.1995 bei der Beklagten als Verkaufs- und Veranstaltungsleiterin gegen eine monatliche Bruttovergütung von … sowie einer weitergehenden Provision beschäftigt. Im Betrieb der Beklagten sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ohne die Auszubildenden tätig.

Bei der Klägerin trat eine Schwangerschaft ein, die sie zunächst der Beklagten nicht mitteilte. Mit Schreiben vom 30.06.2005, über dessen Zugang die Parteien streiten, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.10.2005.

Das Kündigungsschreiben, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K 2 (Bl. 6, 7 d.A.) Bezug genommen wird, hat folgenden Wortlaut:

„Hannover, 30. Juni 2005

Kündigung

Sehr geehrte Frau …

hiermit kündigen wir das mit Ihnen seit dem 01.01.1995 bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.10.2005 unter Einhaltung der tariflichen und gesetzlichen Fristen.

Die Kündigung erfolgt aus dringenden betrieblichen Erfordernissen. Wir bieten Ihnen für den Fall, dass Sie gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage innerhalb der gesetzlichen Frist von 3 Wochen erheben, gemäss § 1 a KSchG die Zahlung einer Abfindung, berechnet auf der Grundlage eines halben Gehaltes pro Beschäftigungsjahr, an. Die Abfindung beläuft sich daher in Ihrem Fall auf fünf Bruttogehälter.

§ 1 a KSchG hat folgenden Wortlaut:

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

Bei Verstreichenlassen der Klagefrist entsteht Ihnen ein Anspruch auf die vorstehend angebotene Abfindung zum Ablauf der Kündigungsfrist.

…”

Mit Schreiben vom 07.07.2005, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 24, 24R d.A. verwiesen wird, teilte der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, dass das Kündigungsschreiben erst am 01.07.2005 zugegangen sei und die Kündigung daher frühestens zum 30.11.2005 greife. Zugleich teilte der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin deren Schwangerschaft mit und fügte eine Bescheinigung der Frau … bei, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 25 d.A. Bezug genommen wird.

In Ziff. 3) dieses Schreibens vermerkte der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin folgendes:

„Ungeachtet des Vorstehenden kann sich Frau … eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorstellen. Sie ist jedoch nicht bereit, das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der von Ihnen angebotenen Abfindung gemäß § 1 a KSchG zu beenden.

Sollten auch Sie an einer einvernehmlichen Regelung interessiert sein, darf ich Sie bitten, mich nach Erhalt dieses Schreibens anzurufen. Ungeachtet dessen werde ich mir erlauben, Sie in den nächsten Tagen anzurufen.”

Am 08.07.2005 fand zwischen dem ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin, Rechtsanwalt … und dem Ehemann der Geschäftsführerin der Beklagten … ein Telefongespräch statt, innerhalb dessen der ehemalige Bevollmächtigte der Klägerin einen Abfindungsbetrag von … forderte.

Dem trat die Beklagte mit Schreiben ohne Datum, das bei den ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 12.07.2005 einging, entgegen.

Das Schreiben hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:

„… wir nehmen Bezug auf das 08.07.2005 zwischen Ihnen und Herrn …geführte Telefonat.

Die von Ihnen gestellte Abfindungsforderung von … die nicht verhandelbar sein soll, erscheint uns unrealistisch.

Da Frau … zum Zeitpunkt des Zugangs unserer Kündigung am 30.06.2005 um 9: 20 Uhr bereits, wie von Ihnen nachgewiesen, schwanger war, verstößt unsere Kündigung gegen § 9 MuSchuG, so dass sie nichtig ist.

Nur rein vorsorglich teilen wir Ihnen daher mit, dass wir aus der Kündigung vom 30.06.2005 keine Rechte gegenüber Frau … mehr herleiten und somit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen anbieten.

Wir fordern Frau … auf, nach dem Ende der derzeit bestehenden Arbeitsunfähigkeit ihre Arbeit zu den ihr bekannten Arbeitszeite...

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