Die Berufung hatte Erfolg. Nach Auffassung des OLG verstößt entgegen der Ansicht des LG die dem Verfahren zugrunde liegende Vergütungsvereinbarung gegen § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG, weil sie nicht deutlich von anderen Vereinbarungen, die verschieden von der Vergütungsvereinbarung und der Auftragserteilung sind, abgesetzt ist. Dass die Vergütungsvereinbarung dem Gebot des § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG nicht entspreche, führt zwar – anders als die Beklagte (teilweise) geltend gemacht habe – nicht etwa zur Nichtigkeit gem. § 125 BGB. Der Verstoß habe jedoch zur Folge, dass die Beklagte an die Klägerin keine höhere als die gesetzliche Vergütung entrichten müsse (§ 4b RVG).

1. "Andere Vereinbarungen" enthalten

Das OLG weist zunächst darauf hin, dass die Vergütungsvereinbarung neben der Vergütungsabrede und der Auftragserteilung noch als "andere Vereinbarungen" i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 RVG einzustufende Regelungen enthält. Das gelte unzweifelhaft für den in § 8 vereinbarten "Haftungsausschluss" sowie die Gerichtsstandvereinbarung gem. § 10 Abs. 3 (vgl. dazu BGH NJW 2016, 1596 = AGS 2016, 56), aber auch für § 2 ("Heranziehung von Mitarbeitern des Auftragnehmers/Mitwirkung Dritter"), § 5 ("Mitwirkungspflichten des Auftraggebers"), § 6 ("Mündliche Auskünfte"), § 7 ("Weitergabe beruflicher Äußerungen des Auftragnehmers") sowie § 9 ("Kommunikation"), da sich auch die letztgenannten Paragraphen auf das gesamte Mandatsverhältnis beziehen (vgl. allgemein hierzu BGH, a.a.O., m.w.N.). Demzufolge liegt eine kombinierte Vergütungs- und Mandatsvereinbarung vor, die sämtlichen Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 2 RVG genügen müsse.

2. Gebot des "deutlichen Absetzens"

Die Vereinbarung der Parteien erfülle zwar – so das OLG – unstreitig das Bezeichnungsgebot i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 RVG, nicht jedoch das Gebot eines "deutlichen Absetzens von anderen Vereinbarungen" i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG.

a) Regelungsziele

Für das Erfordernis "deutlich abgesetzt" i.S.v. § 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG komme es weder auf die Anforderungen an die äußere Gestaltung einer Widerrufsbelehrung nach Art. 246 Abs. 3 EGBGB noch auf diejenigen Maßgaben an, die im Heilmittelwerberecht (§ 4 Abs. 3 S. 1 HWG) oder Arzneimittelrecht (§ 11 Abs. 5 S. 2 AMG) an "deutlich abgesetzte und abgegrenzte" Angaben gestellt werden. Entscheidend seien vielmehr allein die vom Gesetzgeber mit § 3a Abs. 1 RVG verfolgten Regelungsziele (BGH, a.a.O., m.w.N.). Nach dem Willen des Gesetzgebers ziele dies auf eine räumliche Trennung zwischen der Vergütungsvereinbarung und sonstigen Abreden ab und soll dem Schutz des rechtsuchenden Auftraggebers dienen (vgl. BT-Drucks 16/8384, 10; BGH, a.a.O.). Regelungsziel sei es, den Mandanten auf die Vergütungsvereinbarung klar erkennbar hinzuweisen und auf diese Weise davor zu schützen, unbemerkt eine Honorarabrede abzuschließen, die dem Rechtsanwalt von den gesetzlichen Gebührenvorschriften abweichende Honoraransprüche auf vertraglicher Grundlage verschafft (BGH, a.a.O., m.w.N.).

Um dieser Schutz- und Warnfunktion gerecht zu werden, genüge es für ein "Absetzen" als solches von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung, wenn der Vertrag die Vergütungsvereinbarung in einem gesonderten und entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragrafen regelt (BGH, a.a.O.). "Deutlich" sei dieses Absetzen, wenn die Vergütungsvereinbarung optisch eindeutig von den anderen im Vertragstext enthaltenen Bestimmungen – mit Ausnahme der Auftragserteilung – abgegrenzt sei. Dies sei objektiv zu beurteilen (BGH, a.a.O.). Mehr sei im Hinblick auf die vom KostRMoG vom 5.5.2004 (BGBl I 2004, 718) grds. erstrebte Lockerung der Formvorschriften gegenüber der Vorgängervorschrift des § 3 BRAGO a.F. (vgl. BT-Drucks 15/1971, 188) nicht erforderlich. Dies lasse sich durch eine klare räumliche Trennung, aber auch auf andere Art und Weise erreichen. Das Gesetz schreibe keine bestimmte Gestaltung vor (BGH, a.a.O., m.w.N.). Entscheidend sei, dass die Art der gewählten Gestaltung das gesetzgeberische Ziel erreicht: Der Mandant müsse bereits bei einem einfachen Blick auf die Gesamtheit der im Vertrag getroffenen Vereinbarungen unschwer erkennen können, dass sie eine Abrede enthalten, die dem Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch auf vertraglicher Grundlage verschafft, der möglicherweise von der gesetzlichen Vergütung abweicht (BGH, a.a.O.).

b) Vorliegende Vereinbarung wird dem nicht gerecht

Diese Anforderungen erfüllte die Vereinbarung nach Auffassung des OLG nicht.

Abgesehen von der jeweils auf dem Deckblatt befindlichen Überschrift "Vergütungsvereinbarung" und den Worten "wird folgende Vergütungsvereinbarung geschlossen:" entspreche die weitere Gestaltung der Vergütungsvereinbarung im Kern derjenigen, welcher der BGH (NJW 2016, 1596 = AGS 2016, 56) die Qualität eines "deutlichen Absetzens" gerade abgesprochen habe: Die in § 3 der Vereinbarung mit "Vergütung/Auslagen/Fälligkeit" überschriebene Abrede sei ebenfalls unauffällig in den übrigen Vertragstext eingefügt. Weil s...

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