Leitsatz

Hintergrund

Die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer deutschen GmbH ist nach § 15 Abs. 3 GmbHG nur in notarieller Form wirksam. Ausgehend von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1981 wurde von ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung über Jahrzehnte hinweg eine Beurkundung im Ausland dann als ausreichend angesehen, wenn die ausländische Beurkundung der deutschen "gleichwertig" ist. Als gleichwertig wurden insbesondere Beurkundungen von Notaren im Kanton Basel angesehen. Dies führte dazu, dass in vielen Fällen Kauf- und Abtretungsverträge über deutsche GmbH-Geschäftsanteile in Basel beurkundet wurden: Dort sind - anders als in Deutschland - die Notargebühren frei verhandelbar, was dazu führt, dass gegenüber einer Beurkundung in Deutschland 50 % und mehr an Notarkosten gespart werden kann.

Zwei Entwicklungen stellten den "Beurkundungstourismus" nach Basel in Frage: Zum 1.2.2008 wurde das Schweizer Obligationenrecht reformiert; seither ist die Beurkundung von Stammanteilen an einer Schweizer GmbH nicht mehr zwingend erforderlich; die Schriftform ist grundsätzlich ausreichend. Wenige Monate später (am 1.11.2008) trat in Deutschland die GmbH-Reform in Kraft. Aus einzelnen seither geltenden Neuregelungen des reformierten deutschen GmbH-Gesetzes einerseits und der Tatsache, dass die Schweiz die Beurkundungspflicht für die Abtretung Schweizer GmbH-Anteile abgeschafft hat andererseits, wurde verschiedentlich abgeleitet, dass nunmehr die Beurkundung der Abtretung von deutschen GmbH-Geschäftsanteilen in der Schweiz nicht mehr interessant sei.

Dieser Auffassung tritt das OLG Düsseldorf in einer ausführlich begründeten Entscheidung vom 2. März 2011 entgegen:

Beschluss des OLG Düsseldorf

Die Reform des Schweizer Obligationenrechts ändert nach Auffassung des OLG Düsseldorf an der "Gleichwertigkeit" einer Beurkundung durch einen Notar des Kantons Basel mit derjenigen durch deutsche Notare nichts: Denn nach wie vor bestehe auch bei Verkauf und Abtretung von Anteilen an einer Schweizer GmbH für Parteien die Möglichkeit, die Form der notariellen Beurkundung auf freiwilliger Basis zu wählen. Zudem seien Änderungen des Schweizer Notars- und Beurkundungsrechts im Zuge der Reform des Schweizer Obligationenrechts nicht erfolgt; dann müsse er auch heute noch mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1981 davon auszugehen, dass die Beurkundung durch einen Notar des Kantons Basel mit derjenigen eines deutschen Notars gleichwertig sei.

Ebenso wenig ändert nach Auffassung des OLG Düsseldorf die deutsche GmbH-Reform des Jahres 2008 etwas daran, dass nach wie vor die Beurkundung durch Notare in Basel der deutschen Beurkundung gleichwertig ist: Zwar werde verschiedentlich in der juristischen Literatur (und in einem obiter dictum des Landgerichts Frankfurt/Main) die Auffassung vertreten, dass die Neufassung des § 40 Abs. 2 GmbHG eine Auslandsbeurkundung nunmehr unwirksam mache. Nach § 40 Abs. 2 GmbHG in der seit 1.11.2008 geltenden Fassung muss ein Notar, der die Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen beurkundet hat, eine entsprechend geänderte Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen. Diesem Akt kommt seit dem 1.11.2008 deshalb gesteigerte Bedeutung zu, weil nach § 16 Abs. 1 GmbHG in der seit 1.11.2008 geltenden Fassung nur derjenige im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter gilt, "wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist". Außerdem wurde durch das in 2008 reformierte GmbH-Gesetz die Gesellschafterliste auch insoweit in ihrer Bedeutung erheblich aufgewertet, als diese nunmehr dann, wenn jemand als Gesellschafter in der zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste drei Jahre unwidersprochen eingetragen ist, die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs von dessen Geschäftsanteil schafft. Das OLG Düsseldorf hat aus zwei Gründen die geänderten Regelungen zur Gesellschafterliste als Begründung dafür, dass eine Auslandsbeurkundung nicht mehr zulässig ist, verworfen: Zum einen verweist das OLG Düsseldorf darauf, dass auch ein ausländischer Notar bei einer von ihm beurkundeten Abtretung deutscher GmbH-Geschäftsanteile eine entsprechend geänderte Gesellschafterliste beim Handelsregister einreichen kann (vorausgesetzt, dass er über die erforderlichen technischen Voraussetzungen verfügt). Zum anderen verweist das OLG Düsseldorf darauf, dass die "Regelung zur Zuständigkeit für die Einreichung der Liste von der eigentlichen Beurkundung streng zu trennen (ist)". Bei einer Einreichung der Gesellschafterliste zum Handelsregister handle es sich um eine reine Mitteilungspflicht; dass "ein ausländischer Notar nicht mitteilungspflichtig ist, ändert nichts daran, dass er wirksam beurkunden kann."

 

Hinweis

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf hat den Gang zu einem Notar in Basel bei Verkauf und Abtretung von deutschen GmbH-Geschäftsanteilen wieder erheblich sicherer gemacht. Dennoch besteht so lange, bis der Bundesgerichtsho...

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